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In Memoriam: THW-Direktor a.D. Helmut Meier

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Am 10. 01. 2015 verstarb der frühere THW-Direktor und THW-Landesbeauftragte Diplom-Volkswirt Helmut Meier im Alter von 88 Jahren. Helmut Meier war der bis dato dienstälteste Landesbeauftragte.

Helmut Meier wurde am 24. 09. 1926 in Bonn geboren. Seine Jugendzeit verbrachte er in Bonn. Dort besuchte er die Volksschule in Kessenich, danach das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium. Mit 17 Jahren wurde er zum Reichsarbeitsdienst (1943-1944) eingezogen. Nach kurzem Kriegsdienst geriet er in Kriegsgefangenschaft, von der er erst 1947 zurückkehrte. Nach seiner Rückkehr legte Helmut Meier sein Abitur ab und studierte in Bonn und Innsbruck.

Am 1. 03. 1960 trat Helmut Meier als ehrenamtlicher Helfer in den THW-Ortsverband Bonn ein.

Auch beruflich orientierte er sich schon in Richtung Zivilschutz.

Am 01. 01. 1961 trat er seine Stelle als Sachbearbeiter im BZS in Bonn-Bad Godesberg an. Nach seiner Versetzung zum THW-LV Hamburg (01. 03. 1961) und THW LV-NRW (15. 01. 1963) wurde er am 02. 09. 1964 zum Landesbeauftragten in Schleswig-Holstein bestellt.

Dieses Amt hatte er bis 1991 inne. Mit einer Dienstzeit von 27 Jahren war er der bisher dienstälteste Landesbeauftragte des Technischen Hilfswerks.

Darüber hinaus fungierte Helmut Meier für eineinhalb Jahre als THW-Landesbeauftragter für Berlin (23.09.1970 – 31.01.1971) und für ein halbes Jahr als THW-Landesbeauftragte für NRW (09.01.1976 – 20.07.1976).

Helmut Meier

Am 28.10.1985 wurde Helmut Meier zum achten Direktor der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk ernannt.  Die Berufung erfolgte durch den Staatssekretär Hans Neusel während einer Tagung in der Katastrophenschutzschule des Bundes in Bad Neuenahr.

Die Versetzung von Schleswig-Holstein nach Bonn war für ihn eine Rückkehr an seinen Geburtsort. Da er aber seine Wahlheimat Schleswig-Holstein lieb gewonnen hatte und viele seiner Freunde und Bekannten dort hatte, behielt er seinen Erstwohnsitz in Kronshagen und unterhielt in Bonn lediglich einen Zweitwohnsitz.

Mit diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich, daß Helmut Maier sein neues Amt “eigentlich gar nicht wollte”.

Als die Stelle zum THW-Direktor ausgeschrieben wurde, waren unter den insgesamt 104 Bewerbungen keine, die von ihm stammte. Doch, am 20. 08. 1985 wurde er zu einem Gespräch in das Bundesinnenministerium gebeten. Dort wurde ihm nahegelegt, die Aufgabe als THW-Direktor zu übernehmen.

Konsequent nahm er das Amt auch an, kehrte aber aus persönlichen Gründen im Folgejahr nach Schleswig-Holstein zurück. Hier setzte er seine erfolgreiche Arbeit als Landesbeauftragter fort.

Am 1. 11. 1991 wurde er in den Ruhestand verabschiedet.

In der Folge unterstützte er für mehrere Jahre als Berater den Aufbau des THW in Mecklenburg-Vorpommern, was schon als Landesbeauftragter nach der Wiedervereinigung 1990 zu seinen letzten großen Aufgaben zählte. Im Rahmen der Verabschiedung 1991 wurde Helmut Meier für sein Lebenswerk mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.

Für seine Verdienste um den Zivil- und Katastrophenschutz erhielt Helmut Meier 1974 zudem das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Weitere THW-Auszeichnungen waren 1977 das THW-Ehrenzeichen in Silber und 1984 das THW-Ehrenzeichen in Gold.


Thomas Wiedemann: Tsunami 2004 / 2005 – Einsatz in Indonesien

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Einsatzbericht zum THW-Auslandseinsatz Tsunami 2004 / 2005 in Indonesien (Materialrückführung) von Thomas Wiedemann, Logistiker SEEWA Süd

(Logistik-Einsatz vom 09.04. – 21.04.2005)

23. März 2005

Gegen 17:30 Uhr meldete sich Peter Bytomski (THW-Leitung) und bat um Unterstützung anlässlich eines Einsatzes in Banda Aceh, Indonesien (IND).

Hier sollte das Einsatzmaterial aus dem Tsunami Einsatz in Indonesien zurück nach Deutschland überführt werden. Peter will sich mit weiteren Infos im Laufe der nächsten Tage wieder melden. Einsatzbeginn soll wohl im April 2005 sein.

08. April 2005

Mehrfach wurde versucht, eine Telefonkonferenz zwischen der THW-Leitung in Bonn, den Einsatzkräften in Banda Aceh, Medan und mir herzustellen. Gegen 10:00 Uhr war es dann soweit: Alle Beteiligten waren miteinander verbunden, so dass hier Informationen nur einmalig ausgesprochen und abgestimmt werden mussten.

09. April 2005

Gegen 06:00 Uhr begann der Einsatz. Abfahrt gegen 07:00 Uhr in Richtung Frankfurt am Main. Um 09:15 Uhr standen wir bereits zum ersten Mal im Stau. Offensichtlich fand in Hessen eine große Katastrophenschutzübung statt, weswegen die gesamte Region in Mitleidenschaft gezogen worden war.

Um 09:40 Uhr kamen wir wohlbehalten am Flughafen an und bereits fünf Minuten später hatte ich das Ticket in der Hand. 10:10 Uhr: Anstehen zur Gepäckaufgabe. Gegen 11:15 Uhr war unser Gepäck weg (Check-in bis Medan / Indonesien) und wir konnten zur Passkontrolle vorrücken. 11:30 Uhr: Passkontrolle ohne Beanstandungen. 12:13 Uhr: On Board einer Boing 777-200

 

Boing 777

Boing 777

13:15 Uhr: Abrollen zum Start; 13:34 Uhr: Take Off.

Mit von der Partie bei diesem Einsatz: Holger Hohmann, THW-Geschäftsstelle Frankfurt. Lediglich wir zwei sollten das gesamte Material aus dem Einsatz zurück nach Deutschland transportierten. Hierzu gehörte das Erfassen, Sichten, Deklarieren und Erstellen der Packlisten und das Verpacken. Na, mal sehen, was da wieder auf uns zu kommt.

Holger Hohmann, THW Frankfurt

10. April 2005

00:27 Uhr: Landung in Kuala Lumpur (Malaysia). Zeitumstellung auf local time: 06:27 Uhr.
Gegen 08:45 Uhr: Passkontrolle und, wie in Deutschland, mal wieder Einsatzstiefel ausziehen.
Gegen 09:15 Uhr waren Holger und ich on board einer 737-400. 09:28 Uhr: Abrollen zum Start; Take Off um 09:37 Uhr. 09:14 Uhr (local time): Landung in Medan (Indonesien).
Um 09:25 Uhr hatten wir unseren Visa-Antrag für Indonesien in Händen. 10 Minuten später empfing uns Frank Biedenkapp. (Frank und Holger arbeiten auf derselben THW-Geschäftsstelle in Deutschland.) Kurz vor 10 Uhr trafen wir am Stützpunkt in Medan ein. Hier stand gegen 11:30 Uhr das Mittagessen an. Gegen 11:45 Uhr machten wir uns dann schon wieder auf zum Flughafen, an welchem wir 10 Minuten später eintrafen.
11:55 Uhr: Einchecken und Entrichten der Sicherheitsgebühr. Alles kein Problem.
Gegen 12:05 Uhr saßen wir abermals in einer Boing 737-400.
12:30 Uhr: Take Off, geplante Flugzeit ca. 47 Minuten. 13:07 Uhr: Landung in Banda Aceh (Indonesien). Gegen 13:20 Uhr hatten wir unser gesamtes Gepäck zusammen, von einem THW-Abholdienst jedoch keine Spur zu sehen. Da der Abholdienst zugesagt war, wir jedoch in Banda Aceh keinen Ansprechpartner hatten, wandten wir uns telefonisch an Frank in Medan. Kaum angerufen, fuhr auch schon ein altes Taxi (THW) vor. Noch am Flughafen wurden wir durch den Head of Mission (HOM) Ralf Pahlmann, begrüßt. Der Taxi-Chauffeur gondelte uns anschließend durch die Stadt zum Projekt Office, wo wir Andreas Heinrich trafen. Nachdem wir eine kleine Erfrischung zu uns genommen hatten, ging die Fahrt weiter zum Warehouse, unserem Einsatzort in Indonesien.

Warehouse in Banda Aceh / Indonesien - unsere Arbeitssstätte für die kommenden Tage

Warehouse in Banda Aceh / Indonesien – unsere Arbeitsstätte für die kommenden Tage

Das Gebäude sieht von außen gar nicht schlecht aus. Da hier jedoch noch einige Vorbereitungen zu treffen sind, zogen wir in ein Hotel in der Stadtmitte ein. Ich erspare es hier dem Leser, Angaben zu dem vortrefflich gewählten Hotel zu beschreiben. Abgesehen von Erdbebenschäden und mächtigen Rissen in den Wänden sowie fehlende Räumlichkeiten für Lunch oder Breakfast, war ich doch ganz froh, Einsatzschutzbekleidung zu tragen. Ein Umzug in eine andere Unterkunft sollte am nächsten Tag in Angriff genommen werden. Mit Werner Stumpf machten wir uns gegen 17:00 Uhr auf Erkundungstour. Gegen 18:30 Uhr fanden wir uns wieder am Projekt-Office ein, wo es für 1,50 US $ Abendessen gab. Recht lecker sogar. Um 20:10 Uhr machten sich Holger und ich in Richtung Hotel auf, wo wir noch kurz duschten und so ging der erste Tag in Indonesien zu Ende.

11. April 2005

Ab 05:00 Uhr schalten die Laute des Muezzin weit hörbar durch die Lande. An Schlafen war da nicht mehr zu denken. Aus diesem Grunde ist nun auch um
06:45 Uhr die Nacht zu Ende, Duschen und einpacken, da wir heute ins Warehouse umziehen werden.

07:30 Uhr: Ralf Pahlmann holte uns ab. Für die Übernachtung hatten wir 15.- US$ zu bezahlen.
Um 08:00 Uhr gab es ein kleines Frühstück im Projekt-Office, ab 09:00 Uhr ging die Arbeit im Warehouse los. Werner war nicht dabei, da er im Fischerdorf unterwegs war. Bis etwa 17:00 Uhr hatten wir die ersten Listen zusammengestellt und das eingelagerte Material erst einmal gesichtet. Am Vortage wurde von Frank Biedenkapp in Medan ein 20“ Container gekauft. Dieser kam gegen Nachmittag am Warehouse an und wurde dort eingerichtet. Zuerst war geplant, den Container vom Trailer abzuladen und im beladenen Zustand wieder auf den Trailer zu heben. Da es jedoch in ganz Banda Aceh keinen entsprechenden Kran gab, wurde mit den Fahrern vereinbart, dass der Auflieger am Warehouse stehen bleiben sollte. Nach diversen Verhandlungen stimmten die drei Fahrer zu. Das Beladen war nun nicht einfacher, der Abtransport jedoch umso mehr.

Gekaufter 20“ Container aus Medan

Gekaufter 20“ Container aus Medan

 

Von Anbeginn der Arbeiten im Warehouse gingen Holger und ich arbeitsteilig vor:
Holger kümmerte sich um den technischen Bereich wie Verpackung, Kennzeichnung, Deklaration und Überprüfung der Ausstattung; ich war verantwortlich für die Erstellung von Unter- und Vorlagen (administrativer Bereich). Gemeinsam überprüften wir die Einsatzfahrzeuge. Da wir eine nicht allzu kleine Menge an Ausstattung auf den Fahrzeugen transportieren wollten, mussten diese auf den Fahrzeugen gegen Diebstahl und Beschädigungen gesondert gesichert werden. Hierzu ließen wir von zwei örtlichen Schreinern spezielle Holzkisten auf den Ladeflächen der Unimogs zimmern. Die erste Kiste war am Abend bereits zu 70% fertig gestellt. Darin sollte die erste der beiden Trinkwasserauf-bereitungsanlagen Kärcher RO 500 auf Palette verladen werden.

gezimmerte Transportbox auf den Unimog zum Schutz der Trinkwasseraufbereitungsanlagen auf dem Rücktransport per Schiff

gezimmerte Transportbox auf den Unimog zum Schutz der Trinkwasseraufbereitungsanlagen auf dem Rücktransport per Schiff

Verlastung einer TWAA Kärcher RO 500 in der Transportbox "Indonesia Style"

Verlastung einer TWAA Kärcher RO 500 in der Transportbox “Indonesia Style”

Im Warehouse selbst waren die ersten Gitterboxen bereits vollständig beladen, beschriftet und die Packlisten dazu gefertigt. Auch der erste Unimog konnte instand gesetzt werden. Auffällig an den Fahrzeugen war, dass zwar Schlüssel vorhanden waren, diese jedoch nicht unbedingt zu den einzelnen Fahrzeugen passten. So konnten mit einem Schlüssel zwar alle Unimogs gestartet und gefahren werden, verschlossen werden konnten die Einsatzfahrzeuge jedoch nicht, da die passenden Schlüssel entweder fehlten oder mit anderen Einsatzfahrzeugen auf der Insel unterwegs waren.

Übersicht der Fahrzeuge im Einsatz Banda Aceh / Indonesien

Übersicht der Fahrzeuge im Einsatz Banda Aceh / Indonesien

Wie bereits bei anderen Einsätzen war die Kommunikation ein größeres Problem. Vom Warehouse aus konnten wir lediglich mit einer SAT-Com-Anlage telefonieren, welche freundlicherweise von Werner Stumpf zur Verfügung gestellt worden war. In Banda Aceh (und hier auch zum Projekt-Office) konnten wir mit einem lokalen Flexi-Telefon in Verbindung stehen. Das Versenden von E-Mails war nur im Projekt Office möglich. Aus diesem Grunde versuchten wir jeden Tag einmal in die Stadt zum Projekt- Office zu fahren. Da wir ins Warehouse umgezogen waren, übernachteten wir ab diesem Zeitpunkt in einem von Werner Stumpf angemieteten Gebäude in der Nähe des Warehouses. Gegen 18:30 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Projekt-Office in die Stadt. Dort angekommen, aßen wir kurz etwas, verschickten die Einsatzberichte und hielten Smalltalk. Um 22:30 Uhr machten wir uns auf den Rückweg zum Warehouse, wo wir 20 Minuten später ankamen. Gegen 00:00 Uhr lagen wir endlich im Bett, an Schlafen war jedoch nicht zu denken, da die Umgebungstemperaturen einfach zu hoch waren und die Wachhunde wohl einen Eindringling gestellt haben mussten. Entsprechend hoch war die Geräuschkulisse ums Haus.

12. April 2005

Gegenüber dem Warehouse war ein kleiner Imbisstand. Dort nahmen wir unsere amtlich unendgeldliche Verpflegung, sprich Frühstück, ein.  Jeder Europäer würde hier wohl nichts zu sich nehmen, jedoch hatten wir hier keine andere Möglichkeit!

Um 07:45 Uhr ging die Arbeit im Warehouse weiter. Die drei Kraftfahrer des Sattel-Kfz aus Medan hatten wir für die Tage auch gleich angemietet, so dass wir über drei Arbeitskräfte mehr verfügen konnten. Über den Tag konnten die ersten fünf Unimogs in Augenschein genommen, entsprechend transport-fertig zusammengestellt und ggf. repariert werden. Ein Unimog aus Hamburg Nord sollte als Transportfahrzeug in Banda Aceh verbleiben.

Überprüfung der Einsatzfahrzeuge vor dem Rücktransport nach Deutschland

Überprüfung der Einsatzfahrzeuge vor dem Rücktransport nach Deutschland

Hier wurde die THW-Leitung per Einsatzmeldung 002 um Genehmigung nachgesucht. Im Weiteren wurden die vorhandenen Sprechfunkgeräte und weiteres technisches Material für den Lufttransport fertig gemacht. Die restliche Einsatzausstattung wurde verladen, gewogen, gekennzeichnet, katalogisiert und versandfertig in einem gesonderten Raum zusammengestellt. Die ersten Packstücke wurden bereits im Container verladen.

Containerbeladung manuell

Containerbeladung manuell

Eine schweißtreibende Arbeit, die uns leider niemand abnahm. Dennoch war am späten Nachmittag der Container doch schon recht weit beladen worden.

 

Fast vollständig beladener Container

Fast vollständig beladener Container

Heute war es brütend heiß und keine Sicht auf Besserung. Während der Arbeiten und Listenfertigung wurde die Einsatzmeldung zusammengestellt, welche heute etwas früher versandt werden sollte.

Gegen Abend wurde auch die zweite Transportbox fertig gestellt. Alle Trinkwasseraufbereitungs-anlagen sollten in diesen Transportboxen eingelagert werden, da ich noch keinerlei Infos hatte, ob die Einsatzfahrzeuge unter Deck auf dem Schiff oder aber auf Flat Racks über Deck transportiert werden sollten.

Zum Schutz der Ausstattung vor der rauen See und dem Salzwasser wurden die Transportkisten mit Folie abgedichtet. Über die so geschützte Kiste kam noch die Lkw-Plane des Unimogs. Hierdurch haben wir alles Mögliche getan, um die hochwertige Einsatzausstattung sicher wieder nach Deutschland zurück überführen zu können.

 

Unimog wird für den Seetransport fertig gemacht

Unimog wird für den Seetransport fertig gemacht

13. April 2005

Gegen 09:00 Uhr ist der Container voll beladen. Die gesamte Ausstattung wurde entsprechend verpackt und zu Packstücken zusammengestellt. Von jedem Packstück wurde auf indonesische Art das Gewicht erhoben. In Ermangelung einer geeigneten Waage musste hier improvisiert werden. So entstand eine Waage nach einheimischen Mustern.

Improvisierte Waage, welche jedoch bis au 5 Gramm genau war

Improvisierte Waage, welche jedoch bis au 5 Gramm genau war

Am Hallengerüst wurde ein entsprechend tragfähiger Spanngurt befestigt. An diesem wurde ein Holzbalken in der Waagerechten befestigt. Als Gewichte zum Ausgleich für die Last wurden Wasserbehälter mit jeweils 10 l Inhalt vorgehalten. Weitere kleinere Gewichte wurden zur genauen Gewichtsermittlung vorgehalten, welche dann an dem waagerechten Holz befestigt werden konnten. Auf der Gegenseite konnte nun das Gewicht (Packstück) befestigt werden und so eine Bestimmung des Gesamtgewichtes ermittelt werden. Eine Wiegung in Deutschland ergab, dass die Gewichtsangaben fast genau auf den Punkt ermittelt wurden.

Gewichtsermittlung der Packstücke mittels Behelfswaage

Gewichtsermittlung der Packstücke mittels Behelfswaage

Gegen mittag war auch die dritte Lkw-Transportbox von den Zimmerleuten fertig gestellt worden. Somit konnte auch hier die Verladung der Trinkwasseraufbereitungsanlagen beginnen.

Nachdem unsere Mitarbeiter total ausgelaugt waren, wurden diese um 17:00 Uhr entlassen. Für uns hingegen ging die Arbeit weiter. Das restliche Material musste ebenfalls sondiert, sortiert und zusammengepackt werden. Gegen 19:00 Uhr abendlicher Aufbruch ins Projekt-Office, um die Einsatzmeldung abzusetzen.

14. April 2005

Der Ablauf des Tages wie die Tage zuvor. Gegen 13:00 Uhr fanden wir uns im Projekt-Office ein, da heute noch eine Besprechung mit dem Transporteur stattfinden sollte. Herr Irwansyah von der Fa. PT Pelayaran Bahtera Adhiguna (Persero) Lhokseumawe Banch Office kam gegen 14:15 Uhr im Office an. Mit ihm wurden die Packlisten und Transportvolumen besprochen. Nach einer kleinen Diskussion wurde vereinbart, dass die Unimogs nicht mehr zu entladen seien. Die Verzollung der Ware wird anhand der Packlisten durchgeführt. Hierdurch sind wir sicher, dass die Trinkwasseraufbereitungsanlagen auch seefest auf den Unimogs verladen sind. Die ersten Fahrzeuge an sich sollen morgen gegen 11:00 Uhr local time im Hafen sein. Die Beladung des Containers war um 16:00 Uhr abgeschlossen. Als ich die geparkten Unimogs nochmals kontrollierte, wurde festgestellt, dass bei einem Unimog der Kühler leck geschlagen war.

Kühlerdefekt an einem Unimog

Kühlerdefekt an einem Unimog

Da die Zeit drängte und das Fahrzeug nicht in Banda Aceh zurückgelassen werden sollte, war nun guter Rat teuer. Nach Rücksprache mit unserem einheimischen Dolmetscher machten wir jedoch noch einen Handwerker aus, der den Kühler ggf. noch löten könnte. Zwei lokale Kräfte bauten hier den Kühler vollständig aus und brachten ihn in die Stadt. Der Einbau sollte am nächsten Morgen, kurz vor der Abfahrt noch vollzogen werden.

15. April 2005

Ab 08:00 Uhr wurden die Unimogs nochmals kontrolliert. Vorhandene Aufbauten wurden gestern bereits wieder montiert. Die Planen der Unimogs waren in den meisten Fällen jedoch nicht mehr auffindbar. Zeitgleich begann die Zusammenstellung der beiden Convoys. Da wir nicht ausreichend Fahrer zur Verfügung hatten, mussten zwei Convoy´s geplant werden.

Zusammenstellung des ersten Convoy in Richtung Hafen

Zusammenstellung des ersten Convoy in Richtung Hafen

Um 10:30 Uhr machten wir uns mit den ersten fünf Unimogs und dem Tieflader mit Container auf den Weg zum 50 km entfernten Hafen von Banda Aceh. Unterwegs blieb gleich der erste Unimog in Folge eines verstopften Kraftstofffilters liegen.

Technischer Halt wegen verstopftem Kraftstofffilter

Technischer Halt wegen verstopftem Kraftstofffilter

Ansonsten verlief die Fahrt problemlos. Gegen 11:45 Uhr kamen wir wohlbehalten am Hafen an. Nachdem wir den Verantwortlichen der Spedition, Herrn Irwansyah, gefunden hatten, konnte die Übergabe der Frachtpapiere erfolgen. Anhand der Listen konnte der Verantwortliche schnell erkennen, dass die Helfer des THW zur professionelleren Garde von Rettungskräften gehörten.

Übergabe der THW Ausstattung an der Verantwortlichen der Transportfirma Herrn Irwansyah

Übergabe der THW Ausstattung an der Verantwortlichen der Transportfirma Herrn Irwansyah

Aus den Unterlagen waren alle Daten herauslesbar, so dass auch hier eine notwendige Verzollung problemlos vollzogen werden konnte. Das Transportschiff, die „Argentina“, war bereits eingelaufen. Es wurde hier auch schon mit der Löschung der Ladung begonnen.

Die BBC Argentina

Die BBC Argentina

Über den Kapitän habe ich erfahren, dass das Löschen der Ladung (Brücken für das Militär) wohl ca. 80 Stunden in Anspruch nehmen wird.

Gegen 13:30 Uhr traten wir die Rückfahrt zum Warehouse an, wo wir gegen 14:30 Uhr ankamen. Nach einer ¼ Stunde Ruhe und einer kleinen Erfrischung (Melone) machten wir den zweiten Teil des Convoy fertig.

Gegen 15:00 Uhr starteten wir mit derselben Fahrermannschaft in Richtung Hafen. Bereits eine Stunde später kamen wir recht zügig im Hafen an. Unterwegs nur ein kleines Problem mit einem verstopften Kraftstofffilter, was wir jedoch schon kannten.

 

Convoy II ist in Richtung Hafen unterwegs

Convoy II ist in Richtung Hafen unterwegs

 

Auf Grund unserer Erkenntnisse sollte das Schiff am Dienstag beladen werden. Um die Beladung mit dem Kapitän abzusprechen, suchten wir diesen auf der „Argentina“ auf. Zu unserem Erstaunen mussten wir feststellen, dass der Kapitän ein echter deutscher Seebär ist. Somit stand einer verständlichen Kommunikation nichts mehr im Wege.

Gegen 17:20 Uhr machten wir uns auf den Rückweg zum Warehouse, da hier für uns nichts mehr zu tun war. Die Fahrzeuge waren im Hafenbereich sicher abgestellt, bewacht von indonesischem Militär, welche für die Sicherheit und Unversehrtheit garantieren würden. Auch die Spedition würde täglich vorbeischauen und hier nach dem Rechten sehen. Für Zivilpersonen war der Hafen nicht zugänglich.

Alles Material und die Einsatzfahrzeuge sind sicher im Hafen angekommen

Alles Material und die Einsatzfahrzeuge sind sicher im Hafen angekommen

Um 18:00 Uhr trafen wir im Warehouse ein, fertigten noch kurz unsere Berichte und bereiteten uns auf den Abend vor.

Einsatzteam im Hafen von Banda Aceh / Indonesien

Einsatzteam im Hafen von Banda Aceh / Indonesien

16. April 2005

Nachdem die Ladung nun im Hafen sicher verwahrt war, wäre unsere Arbeit eigentlich fast beendet. Dem war aber nicht so. Aus diesem Grunde abermals kurz vor 07:00 Uhr aus dem Schlafsack und ab ¼ vor Acht Uhr machten sich Holger und ich daran, alles verbleibende Material ebenfalls zu sondieren, sortieren und zu erfassen.

 

Erfassung von Material, welches im Projekt in Banda Aceh / Indonesien weiter verwendet werden soll

Erfassung von Material, welches im Projekt in Banda Aceh / Indonesien weiter verwendet werden soll

Gegen 09:10 Uhr hielten wir zum ersten Mal Kontakt zu den Bundeswehrangehörigen, welche für die Verladung zuständig waren. Die beiden Soldaten kamen wohl gestern in Band Aceh an. Wir vereinbarten ein Treffen mit den beiden, um den weiteren Ablauf konkret absprechen zu können. So machten wir uns gegen 09:50 Uhr auf den Weg in Richtung Hafen. Gegen 10:30 Uhr kamen wir an eine Straßenblockade, welche anlässlich einer öffentlichen Veranstaltung ca. 100 m vor dem Hafen stattfand. Hier wurde der Wiederaufbau beschlossen und eine große Menge Politiker, wie auch Verantwortliche für den Wiederaufbau haben sich zu einem Festakt hier versammelt. Eine Stunde später ging es weiter. Um 11:45 Uhr erreichten wir den Hafen. Gemeinsam mit den beiden Soldaten nahmen wir die desinfizierten Dienstkraftfahrzeuge der Bundeswehr in Augenschein. Von Desinfektion  oder Schutz war hier jedoch nicht mehr viel über.

Sämtliche Bundeswehrfahrzeuge wurden nach Einsatzende desinfiziert, leider blieb davon nicht mehr viel über

Sämtliche Bundeswehrfahrzeuge wurden nach Einsatzende desinfiziert, leider blieb davon nicht mehr viel über

Die Entladung der „Argentina“ war auch schon recht weit fortgeschritten. Die meisten Brückenteile waren bereits von Bord und auf Lkw verladen worden. Weitere Brückenteile befanden sich jedoch noch in zwei Unterdecks im Bauch des Schiffes. Wie es aussah, wird die Verladeaktion noch die ganze Nacht und ggf. noch morgen andauern, da in den unteren Decks eine recht große Menge kleiner Brückenbauteile eingelagert war. Mit dem Kapitän wurde im Weiteren der Transport unseres 20“ Containers besprochen. Dieser, wie auch der 20“ Container der Bundeswehr, werden auf dem Schiffsdeck transportiert.

Nachdem alle offenen Punkte geklärt waren, machten wir uns gegen 13:15 Uhr auf den Rückweg. Vereinbart wurde weiterhin, dass wir täglich im Hafen vorbeikommen, um den Fortgang der Arbeiten selbst in Augenschein nehmen zu können.

17. April 2005

Die restliche Ausstattung musste noch sortiert und aufgenommen werden. So fertigten wir bis gegen 13:30 Uhr unermüdlich Listen zur Inventarisierung der Ausstattung.

inventarisiertes Material im Warehouse Banda Aceh / Indonesien

inventarisiertes Material im Warehouse Banda Aceh / Indonesien

Gegen 14:00 Uhr machten wir uns zum Projekt-Office auf, um hier noch weitere Infos aus Deutschland abzufragen bzw. unsere Mails loszuwerden. Gegen 18:00 Uhr waren wir wieder im Warehouse zurück.

Material zur Verwendung in den Projekten in Banda Aceh / Indonesien

Material zur Verwendung in den Projekten in Banda Aceh / Indonesien

Nach Mitteilung der Bundeswehr soll die Verladung der Einsatzfahrzeuge morgen früh ab 08:00 Uhr beginnen. Da die meisten Arbeiter heute am Sonntag frei hatten, hielten sich die Aktivitäten im Warehouse in Grenzen. Gegen 20:30 Uhr saßen wir mit Werner zum Abendessen beisammen. Gegen 01:00 Uhr ging nun auch dieser Tag zu Ende.

Warehouse Banda Aceh / Indonesien

Warehouse Banda Aceh / Indonesien

18. April 2005

Gegen 07:00 Uhr checkten Holger und ich noch die Aufgaben im Warehouse. Um 07:50 Uhr ging die Fahrt zum Hafen los, wo wir gegen 08:20 Uhr sicher eintrafen. Im Hafen trafen wir die beiden Soldaten, Axel Kasper und Olaf Kourimsky, beide vom Bundeswehr Logistics Centre in Wilhelmshafen. Unmittelbar nach unserer Ankunft begann auch schon die Beladung der „Argentina“.

Beladung der Agentina mit dem ersten "Wolf" der Bundeswehr

Beladung der Agentina mit dem ersten “Wolf” der Bundeswehr

Da wir nur zu viert waren, gingen wir arbeitsteilig vor. Holger bewegte die Einsatzfahrzeuge im Rumpf der Argentina, Olaf übernahm die Koordination mit dem Kapitän und der Verlademannschaft und Axel und ich bewegten die Fahrzeuge vom Standort zum Kai; so die Planung. Zuerst wurden alle Fahrzeuge der Bundeswehr kontrolliert. Hierbei war festzustellen, dass fünf Fahrzeuge, zu meist Pkw „Wolf“, nicht mehr zu starten waren. Die Standzeiten von einem Monat hatten den Batterien den Rest gegeben. Mittels Starthilfe konnten alle Fahrzeuge wieder in Gang gebracht werden. Insgesamt hatte die Bundeswehr 49 Fahrzeuge unterschiedlichen Typs im Einsatz. Vom Pkw „Wolf“, Sonderbauweise Sanitätsdienst über Unimog (2 Tonner), Lkw Plane & Spriegel (5 Tonner) bis hin zum Vierachser (10 Tonner), diverse Anhänger, Feldkochherd, Gabelstapler, ein Sattel-Kfz und ein Entsorgungsfahrzeug. Sämtliche Transportfahrzeuge waren zusätzlich mit Ausstattung beladen. Nachdem alle Fahrzeuge überprüft waren, wurden diese zum Kai gefahren, um dort von der Loading Mannschaft in Empfang genommen zu werden. Um im Schiffsrumpf ggf. noch rangieren zu können, wurden alle Fahrzeuge mit laufendem Motor an Bord gehievt. So war sichergestellt, dass Holger die Fahrzeuge leicht im Bauch der „Argentina“ an den Verladeplatz rangieren konnte und diese dort durch den Schiffslademeister entsprechend verzurrt werden konnten.

Holger bewegte alle Einsatzfahrzeuge im Rumpf der Argentina

Holger bewegte alle Einsatzfahrzeuge im Rumpf der Argentina

Um 11:10 Uhr kam der erste THW-Unimog an die Pier. Wenige Minuten später war er schon im Ladegeschirr festgemacht und der Unimog schwebte über die Bordwand in den Schiffsbauch. Nun ging es Schlag auf Schlag weiter.

THW Unimog kurz vor der Verladung auf die Argentina

THW Unimog kurz vor der Verladung auf die Argentina

Gegen 12:10 Uhr waren die ersten fünf Unimogs sicher auf dem Schiff festgemacht. Nun folgte eine Zwangspause, da das Schiff zuerst umgebaut werden musste. Über den bereits verladenen Fahrzeugen wurde eine Decke eingebaut. Nachdem diese Arbeiten gegen 13:30 Uhr beendet waren, konnte das Beladen bei über 50° C Außentemperatur (kein Schatten in Sicht) weitergehen.

THW Unimog geht in die "Luft"

THW Unimog geht in die “Luft”

Um 17:20 Uhr war der letzte Unimog an Deck. Gegen 17:50 Uhr war das Schiff beladen. In Sieben Stunden wurden durch vier Einsatzkräfte insgesamt 58 Fahrzeuge und Material bei sengender Hitze verladen. Für diese Aktion waren an sich zwei Tage eingeplant gewesen. Die beiden 20“ Container waren bereits an Deck der „Argentina“ befestigt worden. Somit war unsere Arbeit getan.

Verladung und Verzurrung der THW Unimog auf der Argentina

Verladung und Verzurrung der THW Unimog auf der Argentina

Während des gesamten Beladevorganges hatte der Kapitän Edwin Weith immer ein waches Auge auf die Arbeiten an und unter Deck. Nach Abschluss der Arbeiten wurde uns von ihm bestätigt, dass er selten mit solchen Einsatzkräften zusammengearbeitet hat und eine solche Verladeaktion noch nie so schnell und ruhig verlaufen sei wie diese. Durch das unkomplizierte Zusammenarbeiten zwischen Bundeswehr, THW und der einheimischen Belademannschaft hatte auch er einen Tag gewonnen und konnte so schneller als geplant die Rückreise bzw. Weiterreise antreten.

Die Verlademannschaft nach getaner Arbeit; Sonnenbrand inklusive!

Die Verlademannschaft nach getaner Arbeit; Sonnenbrand inklusive!

Auf Einladung des Kapitäns nahmen wir um 18:00 Uhr am gemeinsamen Abendessen auf dem Schiff teil. Gegen 18:30 Uhr machten wir uns auf den Rückweg. Um 19:15 Uhr trafen wir total ausgelaugt im Projekt-Office ein.

Es mussten ja noch die Einsatzberichte nach Deutschland übermittelt werden und auch Ralf erhielt noch Infos über den Verlauf des Tages. Aus Deutschland waren mittlerweile auch zwei Hauptamtliche aus Bonn eingetroffen. Hier gab es ein paar Infos über die Arbeiten der letzten Tage. Gegen 20:30 Uhr waren wir im Projekt-Office fertig und konnten den Rückweg zum Warehouse antreten, wo wir gegen 21:00 Uhr ankamen. Duschen, Resumée des Tages, Abschlussarbeiten und gegen 23:00 Uhr war auch dieser Tag zu Ende. Wir wollten am nächsten Tag bereits den Rückweg über Medan nach Deutschland antreten.

19. April 2005

07:00 Uhr aufstehen: 08:00 Uhr Fertigstellung der Listen, Datensicherung und Vorbereitung der Übergabe an das Projektteam: Gegen 12:30 Uhr hatten wir unsere Einsatzkisten gepackt, so dass wir das Warehouse verlassen konnten. Kurz danach verabschiedeten wir uns von Werner Stumpf und bedankten uns herzlich für die Unterkunft in seinem angemieteten Haus in unmittelbarer Nähe zum Warehouse. Um 13:30 Uhr trafen wir im Projekt-Office ein. Hier unterstützten wir noch das Team beim Zusammenstellen einer Ladung, welche per Luftfracht mit unserer Maschine ebenfalls nach Deutschland versandt werden sollte. Gegen 16:35 Uhr machten wir uns auf den Weg in Richtung Flughafen, wo wir gegen 16:55 Uhr ankamen. Bereits fünf Minuten später hatten wir schon eingecheckt.
Um 17:10 Uhr trafen wir in der Waiting Hall ein. Der Flug sollte planmäßig um 18:45 Uhr starten.
Gegen 18:30 Uhr hatten wir unsere Plätze in der Boing 737-300 eingenommen.
Um 18:45 Uhr local time take off in Richtung Medan.
19:25 Uhr Landung in Medan.

Frank Biedenkapp holte uns am Flughafen ab. Den Rest des Tages verbrachten wir im Office von Frank.

20. April 2005

Auch in Medan ist an Ausschlafen nicht zu denken. Die Temperaturen sind trotz Klimaanlage zwar angenehmer als in Banda Aceh, dennoch einfach zu warm. Aus diesem Grunde war um ¼ vor Acht auch die letzte Nacht in Indonesien zu Ende. Gemeinsam mit Frank Biedenkapp unternahmen wir am Morgen eine Markterkundung in Medan. Gegen Mittag waren wir wieder im Office zurück. Noch schnell ein paar Happen gegessen, bevor es um 14:00 Uhr zum Flughafen ging. Boarding um 15:10 Uhr in einer Boing 737-400 der Gurada Indonesia.

15:35 Uhr (local time Medan) Take off:

Die errechnete Flugzeit nach Kuala Lumpur, Malaysia lag bei 55 Minuten. Die Maschine musste jedoch noch vor der Startbahn auf einen anderen ankommenden Flieger warten. Als dieser sicher gelandet war, ging der Start los.

16:17 Uhr local time Medan / Indonesien; Landung in Kuala Lumpur / Malaysia ~ 17:20 Uhr local time: Nun hatten wir einige Zeit Aufenthalt, bis es um 23:00 Uhr zum Boarding in Richtung Deutschland weiter ging. Da wir Zeit hatten, konnten wir uns im weitläufigen Flughafengebäude von Kuala Lumpur umsehen. So fanden wir uns auch rechtzeitig in der Abflughalle ein.

23:40 Uhr on Board einer 777-200:

00:13 Uhr Take off.

21. April 2005

06:33 Uhr (MEZ) Landung in Frankfurt am Main.

07:10 Uhr Abfahrt vom Flughafen mit dem Pkw zurück nach Hause. Sven Kutschewski, OV Albstadt, holte mich am Flughafen ab, da von der THW-Geschäftsstelle Tübingen leider niemand Zeit hatte. Aus Gesprächen konnte ich später in Erfahrung bringen, dass die Flugdaten nicht an die Geschäftsstelle übermittelt worden waren.

11:30 Uhr Ankunft in Rottweil:

12:00 Uhr Einsatzende; ein recht interessanter, wenn auch stressiger Einsatz ging zu Ende.

Tea Time und Small Talk mit den Angestellten (Thomas Wiedemann)

Tea Time und Small Talk mit den Angestellten (Thomas Wiedemann)

10 Minuten Auszeit bei Tee und einer Zigarette (Holger Hohmann)

10 Minuten Auszeit bei Tee und einer Zigarette (Holger Hohmann)

Helmut Kellner: Vor 40 Jahren “Kampf gegen Feuerwalze in der Lüneburger Heide”– ein persönlicher Rückblick des THW-Einsatzleiters für den Einsatzabschnitt Celle / Eschede

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Im August 1975, es war ein knochentrockener Sommer ohne nennenswerte Niederschläge, brannte es an vielen Stellen in Niedersachsen. Zunächst im Raum Gifhorn, später im Raum Unterlüss und Eschede bei Celle.

Ich war seinerzeit Hauptsachgebietsleiter Einsatz im Landesverband Hamburg und informierte mich laufend über Rundfunk und Fernsehen über das Geschehen. Schließlich wohnten meine Eltern in Eschede und mein Bruder in Celle. Ich war in Celle zur Schule gegangen und kannte die örtlichen Gegebenheiten im Landkreis Celle.

Meine Probezeit als “Hauptamtlicher im THW” hatte ich im letzten Halbjahr 1974 im Landesverband Niedersachsen in Hannover absolviert und kannte daher auch die Verhältnisse in Niedersachsen und die Kolleginnen und Kollegen der LV-Dienststelle.

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Nachdem sich die Lage im Raum Eschede zunächst beruhigt hatte und der Oberkreisdirektor meinte, keine weiteren Kräfte mobilisieren zu müssen, frischte am 11. August 1975 der Wind erneut auf und trieb die Flammen auf 300m Breite vor sich her, mit wechselnden Richtungen.

Mangel an Löschwasser und Brand entfernte Wasserentnahmestellen erschwerten die Löscharbeiten. Die örtlichen Kräfte waren bereits erschöpft und wurden schon von ortsfremden Wehren abgelöst. THW-Kräfte aus mehreren Ortsverbänden des LV Niedersachsen waren bereits im Kreis Gifhorn im Einsatz.

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Am 11. August begab sich der leitende Branddirektor Maximilian Puchner von der Berufsfeuerwehr Hamburg in das Einsatzgebiet Oldendorf/Eschede um mit BGS-Oberst Mally, der die Einsatzleitung vom OKD Celle inzwischen übernommen hatte, den Einsatz von Freiwilligen Feuerwehren der Hansestadt und Teilen der Berufsfeuerwehr vorzubereiten.

Noch in der Nacht zum 12. August forderte LBD Puchner die Unterstützung des THW Hamburg mit nachstehenden Einsatzaufgaben an:

– Unterstützung der Feuerwehren bei der Wasserförderung über lange Strecken

– Schlagen von Brandschneisen

– Bau von Knüppeldämmen und leichten Behelfsbrücken

– Verlegen und Unterhaltung von Berieselungsanlagen (Wasservorhänge)

– Betrieb von Pumpen zur Befüllung von Tanklöschfahrzeugen aus Teichen und Gewässern

– Betrieb von Notstromaggregaten zur Versorgung kleiner Ortschaften und Gehöfte

– Aufbau und Betrieb eines Kraftstoffversorgungspunktes

– Gestellung eines Materialerhaltungstrupps

– Transportmöglichkeiten von Mobiliar bei Evakuierungen

– Betrieb einer Abschnittsführungsstelle

Diese vorgegebenen Einsatzoptionen wurden von den eingesetzten THW-Kräften in verschiedenen Stationen im Laufe der sechs Einsatztage abgearbeitet und werden im Folgenden nicht weiter erwähnt.

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Logistik / Materialerhaltung 1975  –  es ging auch so!

Die THW-Einheiten aus Hamburg sollten sich am 12. August nachmittags in Oldendorf melden.

Nicht ganz unvorbereitet liefen die Alarmierungen der benötigten Kräfte nachts in der Dienststelle des Landesbeauftragten unter Leitung von Hamburgs LB G. Trautvetter an.

Das Wort “Wassermangel in der Heide” hatte man auch in Hamburg nicht überhört. Durch die Vermittlung einer Führungskraft aus dem BV Elmsbüttel kam es zum Kontakt mit dem Chef der Hamburger Tanklastspedition Bruno Hoyer (heute Hoyer Group). Der Firmenchef bot dem THW kostenlos zehn Tanklastzüge mit 38.000 Litern Wasser pro Kfz. an. Zwei Fahrzeuge sollten zum Selbstkostenpreis im Einsatzgebiet verbleiben und vom THW jeweils nachgetankt werden. Ein kurzes Telefonat mit Herrn Direktor Zielinski in Bonn brachte mir bezüglich der Kosten die Zustimmung der Leitung. Alles geschah ohne Vermerke oder Papier!

So machte sich in den Mittagsstunden des 12. August eine lange Kolonne von THW-Fahrzeugen und Tanklastern mit Sondersignal auf den Weg in das 120 km entfernte Einsatzgebiet. 80 Feuerwehr-fahrzeuge und 300 Feuerwehrmänner der FF und BF Hamburg hatten zu diesem Zeitpunkt das Einsatzgebiet schon erreicht.

Am Spätnachmittag erreichten wir die BGS-Einsatzleitung in Oldendorf. Hier konnte ich im Wohnzimmer des Ortsbürgermeisters Herrn LBD Puchner melden: “THW Hamburg mit 250 Helfern und  35 Fahrzeugen und 380.000 Liter Wasser in zehn Tanklastzügen eingetroffen.”

Staunen, wundern und ich glaube, von der Stunde an hatte das THW Hamburg seinen Stellenwert bei der BF Hamburg gefunden. Doch es sollte noch  besser kommen!

“Schön, dass Sie da sind. Suchen Sie sich in der Umgebung einen Bauernhof, wo sie unterkommen können und einen ortskundigen Feuerwehrmann. Ihre Mannschaft wird von uns in Schulen und Turnhallen untergebracht, Verpflegung ist sichergestellt.”

“Herr Puchner, ich kenne den gesamten Landkreis bestens, ich gehe zunächst nach Eschede in das Haus meiner Eltern und bin ab sofort telefonisch und über Funk erreichbar. Ich kann aber auch jederzeit nach Celle zu meinem Bruder verlegen. Dort bin ich auch sofort telefonisch erreichbar.” Wieder freudiges Erstaunen!

Die ersten Einsatzaufträge wurden vor Ort an die Einheiten vergeben und das Wasser der Tanklaster an die an den Straßen stehenden TLF’s verteilt. Damit begann der Einsatz für das THW!

Die 8 km lange Fahrt von Oldendorf nach Eschede ging auf der gesperrten Landstraße mitten durch das abgelöschte Brandgebiet. Links und rechts glimmende Glutnester, dort wo ich alljährlich mit meinem Vater Pilze gesammelt hatte. Alles war verbrannt, so etwas hatte ich noch nie gesehen.

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Ich bezog zügig mit einigen Führungskräften Haus und Hof meiner Eltern und wir hatten unsere “Führungsstelle”.

Wenige Stunden nach Einsatzbeginn tauchte Zugführer Bernd Balzer (heute stellvertr. Bundessprecher), der für den Einsatz der Elektrokräfte zuständig war, auf und meldete: “Ortschaft Starkshorn wieder am Netz mit 50 KVA”. Sprach es und trank mit meinem Vater ein DAB (Dienst-Abschluss-Bier), was sich an den folgenden Abenden wiederholte.

Wegen der wechselnden Windverhältnisse bat mich LBD Puchner am 13. August, doch lieber nach Celle zu verlegen. Er stellte mir einen Fernmeldezug der Freiwilligen Feuerwehr unter Leitung von Landesfernmeldeführer Klaus-Dieter Göhle zur Verfügung. “Einsatzzentrale” war nun die Garage und der Partykeller meines Bruders in Celle, die Fernmeldeeinheit stand in der Garagenauffahrt.

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Der THW-OV Celle hatte in seiner Unterkunft keinen Telefonanschluss, war aber besetzt und musste bei Bedarf mit Meldern angefahren werden.

Mit der Dienststelle des THW in Hannover wurde sofort Kontakt aufgenommen und Landesbeauftragter Hans Sahlender kam sofort nach Celle und übertrug mir auch die Leitung der im Raum Celle eingesetzten niedersächsischen Ortsverbände.

Die Personaldecke in Hannover war dünn. Die Stelle des Hauptsachgebietsleiters war vakant. Mitarbeiter der LV-Dienststelle und ehrenamtliche Führungskräfte waren bei den Einsatzleitungen in den Kreisen Gifhorn und Lüchow-Dannenberg im Einsatz. LB Sahlender kam jeden Abend zur Lagebesprechung nach Celle, zeitweilig war auch LB Trautvetter aus Hamburg dabei.

Zwischenzeitlich waren Kräfte aus der halben Bundesrepublik im Einsatz. Feuerwehrstäbe wurden ausgetauscht. Im Brandgebiet Celle waren nun die Berufsfeuerwehren Berlin, Duisburg, Koblenz und Frankfurt zuständig. Neue Führungsstrukturen wurden aufgebaut. Die Fernmeldeeinheit aus Hamburg wurde durch einen THW-Fernmeldezug aus dem OV Rheine unter Führung von Zugführer August Funke abgelöst.

Der Landesbeauftragte NRW, Siegfried Drogies, kündigte zehn Führungsgruppen Bereitschaft aus NRW an. Er hatte aber versäumt, vorher seinen Innenminister zu fragen, mit dem Erfolg, dass die anrückenden Fahrzeuge umkehren mussten.

Auch THW-Kräfte wurden ausgetauscht und so war auch ein Kontingent mit ca. 100 Helfern unter Führung von Geschäftsführer Jasper Wolf im Anmarsch.

Die Stadt Celle hatte mir über die Einsatzleitung ein geräumtes ländliches Anwesen mit Unter-kunftsräumen etc. im Raum Hustedt mit der Ortsbezeichnung “Salinenmoor” zur Übernachtung und Unterbringung angeboten. Über Funk bat ich GF Wolf, dort zu übernachten. Ich würde am nächsten Morgen Punkt 7.00 Uhr zum “Antreten” erscheinen und die weiteren Einsatzaufgaben bekanntgeben. Zum angegebenen Zeitpunkt fuhr ich mit meinem MUNGA zum 8 km entfernten Salinenmoor.

Ein größeres Gelände, eingezäumt mit offen stehendem Tor, einigen Stallgebäuden und ein hufeisen-förmiger Wohntrakt erwarteten mich. Fein säuberlich aufgestellte THW-Fahrzeuge, aber weit und breit war kein Helfer zu sehen.

Das Funkgerät im MUNGA versuchte mich zu erreichen. Ich war zu Fuß unterwegs und bemerkte dabei wild gestikulierende Helfer an den vergitterten Fenstern zum Hof. Des Rätsels Lösung war, Salinenmoor war ursprünglich der Außenstützpunkt der Celler Justizvollzugsanstalt mit Mehrbettzimmern, Waschgelegenheiten und Toiletten, nur die Türen der Zimmer (Zellen) ließen sich von innen nicht öffnen! Nachdem die Helfer befreit waren, ging auch die Arbeit weiter.

Am 19. August konnte der Einsatz des THW Hamburg im Raum Celle beendet werden und die Einheiten fuhren wieder in ihre Standorte.

Es waren 5000 Helfer aus vier Bundesländer eingesetzt:

LV Niedersachsen             60 Ortsverbände               4.300 Helfer                300 Fahrzeuge

LV Hamburg                      7 Bezirksverbände                450 Helfer                   55 Fahrzeuge

LV Bremen                                                                               3 Helfer

LV Nordrhein-Westfalen    1 Ortsverband                         8 Helfer                     3 Fahrzeuge

Insgesamt waren 34.000 Helfer mit 4.655 Fahrzeugen, 78 Hubschrauber, div. Panzer und drei Lösch-Flugzeuge im Einsatz. Zu beklagen waren fünf Todesopfer der Freiwilligen Feuerwehr, die von den Flammen eingekesselt worden waren und verbrannten.

Im September 1975 bekam ich Post von der Landesregierung Niedersachsen:

“THW-Landesverband Hamburg, z.Hd. Herrn HSGL Kellner, in der Post war eine Rechnung der Fa. Hoyer über 300.000 DM für Transporte in Niedersachsen, Reinigung und Desinfektion von zwei Tanklastzügen mit der Bitte zu erklären, wer, was, wo, wann veranlasst und genehmigt hatte. ”

Ich hatte nichts in meinen Händen, außer dem Wort des Direktors Zielinski, dass das THW die Kosten übernimmt. Ich schickte ihm die Rechnung und er hielt Wort!

Bei meiner Verabschiedung 1980 in Hamburg, zum Wechsel in den Landesverband NRW, erhielt ich aus den Händen von Hamburgs Oberbranddirektor M. Gebhardt und dem leitenden Branddirektor Maximilian Puchner, das “Deutsche Feuerwehr-Ehrenkreuz in Silber”. Ob das wohl etwas mit dem Waldbrand in Niedersachsen zu tun hatte?

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Bilder wurden von Rudi Heppe, Hameln, zur Verfügung gestellt;                                                                         Veröffentlichung der Lagekarte des Einsatzgebietes Oldendorf/Eschede/Celle mit Genehmigung des Feuerwehr-Magazins

THW-Auslandseinsatz Somalia 1993

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Am Wochenende 24. / 25. Oktober 2015 trafen sich mehr als 40 THW Einsatzkräfte an der Bundesschule Neuhausen a.d.F. zu einem Erfahrungsaustausch mit Rückblick auf den THW Auslandseinsatz in Somalia 1993.

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Rückblick:
Das Auswärtige Amt hat mit Amtshilfeersuchen an das BMI vom 04. März 1993, AZ: AS-B-hH-(301)-321.50, die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk beauftragt, technische Hilfe in Somalia zu leisten.
Am 26. Januar 1993 flogen Dipl.-Ing. Basil al Naqib von der THW-Leitung und Richard von Hazebrouck, THW GF Mannheim von Frankfurt am Main aus nach Nairobi / Kenya und weiter nach Mogadishu / Somalia. Am 11. Februar 1993 kehrten die beiden von der Erkundung nach Deutschland zurück.
Am 19. April 1993 verließ die Vorausgruppe Deutschland und verlegt nach Mogadishu Somalia.
Im Zeitraum 11. – 13. März 1993 wurden von Tübingen aus 16 THW Einsatzfahrzeuge auf dem Landweg nach Bremen in den Hafen verlegt. Auf dem Weg nach Bremen kamen bei Göttingen noch fünf weitere Einsatzfahrzeuge hinzu. In Bremen war der Fuhrpark dann komplett, da dort bereits die THW Einsatzfahrzeuge aus den nördlichen Bundesländern angeliefert worden waren. Alles Material, wie Einsatzfahrzeuge, Baumaterial, Instandsetzungsmaterial, Klemmen, Schellen, Rohrleitungen … wurden auf das Handelsschiff, die „Bremer Handel“ verladen.

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In Mogadishu kamen in zwei Einsatzteams jeweils 70 THW Helfer zum Einsatz. Zeitgleich wurde in Afgooye im Norden Somalias ein zweiter Einsatz des THW durchgeführt.

Der gesamte Einsatz wurde auch in einer Broschüre dokumentiert. Eine digitale Fassung der Broschüre finden Sie hier: Einsatz in Somalia

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Aus der gesamten Republik reisten auf Einladung von Dietrich Läpke, Harald Müller und Thomas Wiedemann die damaligen Einsatzkräfte nach Neuhausen a.d.Fildern. In vielen persönlichen Gesprächen wurde der Einsatz im Nachhinein nochmals durchlebt und manches Ereignis lebte wieder auf.

Das Rahmenprogramm sah am Samstag einen Besuch des Daimler-Benz Museum in Stuttgart Bad Cannstatt vor. Die Mehrzahl der THW Helfer schlenderten durch die Geschichte des Automobils von der Pferdedroschke bis zu hochmodernen Mercedes Fahrzeugen. So konnte auch der ausgestellte I-TruppKW in Augenschein genommen werden.

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Gegen Abend trafen sich alle Teilnehmer in der Kantine der THW Bundesschule. Grußworte sprachen Harald Müller als Schulleiter, Dietrich Läpke als Teilnehmer im Auslandseinsatz in Somalia und der Projektleiter (Papa Lima) Basil al Naqib von der THW Leitung in Bonn. Nach einem Totengedenken wurde ein gemeinsames, reichhaltiges Abendessen eingenommen. Im Anschluss wurden Gedanken zum Einsatz bis in die frühen Morgenstunden ausgetauscht. Im Foyer der Kantine liefen über die gesamte Veranstaltung Bilder aus dem Einsatz und der eine und auch der andere Helfer erkannte sich doch gleich wieder.
Am Sonntag wurde das beigefügte Gruppenbild abgelichtet bevor alle Einsatzkräfte wieder nach Hause fahren konnten.

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Allen Helfern hat die Zusammenkunft sehr gut gefallen. So wurde auch gleich das nächste Treffen zum 25.jährigen Jubiläum im Jahre 2018 vereinbart.

Vor 60 Jahren: Der erste “ausländische” THW-Helfer

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Im Jahr 1956 tritt US Sergeant First Class Arthur O. P. Brasgalla als erster “Ausländer” dem Technischen Hilfswerk bei, er wird Helfer des THW-Ortsverbandes Passau. 

Arthur Brasgalla wurde am 19. Juni 1903 in Cheboygan, Michigan geboren.

Er war von 4. Juli 1948 bis 1959 der Ortskommandant der amerikanischen Truppen in Passau und blieb auch nach seiner Pensionierung der Stadt Passau treu.

Arthur Brasgalla pflegte in vorbildlicher Weise die deutsch-amerikanischen Beziehungen und galt als Nothelfer, wo immer er gerufen wurde. Er war ein “guter Geist in und um Passau herum”. Der mit ungeheurer Vitalität und Arbeitswillen ausgestattete Mann war ein echter Macher, der Probleme sah und sie auch gleich anging. Er kümmerte sich um alles und jedes, hatte als Sergeant und Boss einer Versorgungstruppe nicht nur “ein echtes Pfund in der Hinterhand”, sondern er besaß auch die in dieser Position unbedingt erforderliche Schlitzohrigkeit, um an Sachen und Güter zu gelangen, die es auf dem normalen Dienstweg sicher nicht gab.

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THW-Helfer – US Sergeant First Class Arthur O. P. Brasgalla

Besonders beim Hochwasser 1954 war der Einsatz der amerikanischen Hilfskräfte und sein persönliches Engagement mustergültig. Mit “ganzen Lastwagenkolonnen und Schwimmwägen” unterstützte er die Hilfskräfte, allen voran die damals noch unzureichend mit Fahrzeugen ausgestatteten Helfer des Technischen Hilfswerks.

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“Brasgalla sei Dank” – Fahrzeuge für die THW-Helfer

Bei diesem Einsatz kamen die THW-Helfer auch erstmals in Kontakt mit dem Amphibienfahrzeug DUKW. Das THW erkannte, dass sich der Einsatz der Fahrzeuge für das THW sehr bewährte, im weiteren Aufbau des THW haben Amphibienfahrzeuge deshalb immer wieder eine große Rolle gespielt.

Die historische Dokumentation “Die große Flut” zum Einsatz im bayerischen Hochwassergebiet haben wir auf unserem YouTube-Kanal für Sie hochgeladen.

Arthur Brasgalla besorgte des weiteren im strengen Winter 1955 Kohle für die Krankenhäuser und stellte bei Veranstaltungen Betten, Decken und Geschirr zur Verfügung.

Für sein Wirken erhielt Arthur Brasgalla 1960 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Am 4. Februar 1961 brachte der Bayerische Rundfunk in der Sendereihe „Helfer in der Not“ ein Lebensbild von Passaus bekanntestem Amerikaner.

Arthur Brasgalla verstarb am 25. Februar 1989 in Passau. 

Im Jahr 2002 wurde der Arthur-Brasgalla-Steig in Hacklberg nach ihm benannt.

 

Vor 50 Jahren: Erdbebeneinsatz Türkei 1966

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Bericht des Landesbeauftragten und Einsatzleiters Dipl.-Ing. Günther Kautzky in der Monatszeitschrift des THW vom Oktober 1966, neu interpretiert mit Filmbeiträgen aus dem Bundesarchiv und Bildern aus dem Bildarchiv der THWhS.

Tatsachen und Zahlen vom Einsatz der THW-Gruppe

Die Meldungen und Berichte über Ausmaß und Wirkung des Erdbebens in Ostanatolien vom 19. August 1966 lassen die Welt aufhorchen. Man erfährt, dass ganze Städte in Schutt und Trümmer zusammengestürzt sind, dass zehntausende Familien ihre Behausung, Hab und Gut verloren haben, dass ca. 2.000 Tote zu beklagen sind und ungezählte Menschen verletzt wurden.

Das Bundesarchiv bietet auf seiner Internetseite www.filmothek.bundesarchiv.de interessante Nachrichten, unter anderem zum Erdbeben in der Türkei 1966. Die UFA-Wochenschau vom 23.08.1966  berichtet über die Vorkommnisse in der Türkei, der Filmbeitrag ist hier zu sehen.

Rasch ist zu sehen, dass der türkische Staat allein nicht in der Lage sein wird, alle Maßnahmen und Notwendigkeiten zur Linderung der Not, zur Behebung der Schäden, zur Versorgung, Unterbringung und Gesunderhaltung der betroffenen Bevölkerung aus eigener Kraft durchzuführen. Unter den vielen Ländern, die Hilfsmaßnahmen einleiten, befindet sich auch die Bundesrepublik Deutschland. Während Spenden und Material deutscher Hilfsorganisationen versandt werden, entschließt sich die Bundesregierung zur Entsendung einer Einsatzgruppe des THW.

Auftrag und Vorbereitung

Am Nachmittag des 23. August 1966 erhält der Einsatzleiter Kautzky vom Direktor der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk Weisung, eine Einsatzmannschaft aus 30 Helfern zusammenzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass die Mannschaft am Freitag, 26. August, 7.00 Uhr, am Flugplatz Köln-Bonn bereitsteht. Die Auswahl der Helfer und des mitzuführenden Gerätes ist so zu treffen, dass die nach einer Erdbebenkatastrophe zu erwartenden technischen Hilfeleistungen durchgeführt werden können, die Mitführung von Fahrzeugen auf dem Luftweg ist nicht möglich, Verpflegung für 20 Tage ist mitzunehmen und am Einsatzort gegebenenfalls behelfsmäßig zuzubereiten. Zur Unterbringung der Einsatzmannschaft sind Zelte mitzuführen und entsprechende Medikamente, auch eine Kleinst-Wasseraufbereitungsanlage, sind mitzunehmen.

Der Transport wird in drei Noratlas-Transportflugzeugen der Bundesluftwaffe erfolgen; insgesamt stehen 7,5 t Nutzlast zur Verfügung. Der Landesbeauftragte für Nordrhein-Westfalen hat mitzufliegen, um Verbindung mit den zuständigen Behörden aufzunehmen, das Einsatzgebiet zu erkunden und für ordnungsgemäße Aufnahme der Einsatzarbeiten zu sorgen. Hinweise über Art und Umfang der zu erwartenden Einsatzaufgaben können nicht gegeben werden.

Daraufhin erhalten die Ortsver­bände Bonn, Köln und Dortmund Weisung,  je zehn Helfer aus den Berufssparten Bauhandwerker, Installateure, Elektriker zusammenzurufen und impfen zu lassen. Die Einsatzausrüstung wird aus Gerätekisten und Einzelgerät der Gerätesätze „B”, ,,R” und „E” zusammengestellt, die persönliche Helferausrüstung festgelegt; zur Unterbringung werden zwei LSHD-Zelte und als Verpflegung Bundeswehr-Rationen beschafft.

Ferner werden Luftmatratzen, Schlafsäcke, Medikamente, sanitäre Artikel und als Kocheinrichtung wurden Camping­-Kochherde für Propangas- und Benzinbetrieb angeschafft. Der Geschäftsführer Kastner des Ortsverbandes Bonn erhält Weisung, am Einsatz teilzunehmen und dabei die Rechnungs­- und Wirtschaftsführung zu übernehmen.

Verabschiedung Köln-Wahn

Verabschiedung am Flughafen Köln-Wahn

Am 26. August gegen 6.00 Uhr stehen insgesamt 33 THW-Angehörige mit Einsatzausrüstung und Verpflegungs­vorrat marschbereit am Flugplatz Köln-Bonn.

Flug nach Erzurum

Für den Transport der THW-Einsatzgruppe und ihrer Ausrüstung sind von der Bundesluftwaffe ein Passagierflugzeug „Convair” und zwei Transportflugzeuge „Noratlas” bereitgestellt.

Nach Verabschiedung durch den Präsidenten des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz und den Direktor des THW fliegt die „Convair” mit der Einsatzmannschaft um 8.40 Uhr ab. Die noch verfügbaren Plätze im Flugzeug sind von sieben Reportern eingenommen. Die erste Flugetappe führt über Frankfurt­ – Stuttgart – Zürich – Mailand – Genua – Rom nach  Neapel, dort Landung gegen 13.00 Uhr.

Flughafen Neapel

Die Convair (links) und Noratlas (rechts) der Bundesluftwaffe bei der Zwischenlandung am Flughafen Neapel

Der Nachmittag wird zu einem Stadtspaziergang genutzt. Im Hotel „Terminus” wird übernachtet. Am 27. August um 7.20 Uhr erfolgt der Weiterflug . Es geht über Brindisi – Athen – Chios nach Izmir (Ankunft 20.30 Uhr), wo in der Kantine des amerikanischen Militärflughafens ein kleiner Imbiss eingenommen wird. Nach etwa einstündigem Flug ist gegen 13.30 Uhr auf dem Flugplatz Ankara eine Zwischenlandung, hier wird die THW-Gruppe von Vertretern der deutschen Botschaft begrüßt.

Diese können keine näheren Angaben über den zu erwartenden Einsatz machen und die türkischen Stellen in Ankara sind nicht darüber informiert, wozu die THW-Gruppe eingesetzt werden wird. Dem Verfasser wird aufgetragen, sich mit dem Vali (Gouverneur) der Provinz Erzurum und mit dem Generaldirektor des „Roten Halbmonds” in Verbindung zu setzen.

Zu der THW-Mannschaft  kommen in Ankara ein Oberfeldarzt und ein türkischer Dolmetscher dazu. Der Oberfeldarzt hat von der Sanitätsinspek­tion des Bundesministeriums für Verteidigung den Auftrag, im Schadensgebiet Möglichkeiten und Notwendigkeiten für Hilfeleistungen auf dem Gebiet der Volkshygiene zu erkunden. Gleichzeitig übernimmt er die ärztliche Betreuung der THW-Einsatzgruppe. Der Dolmetscher ist ein junger Diplomingenieur des Aufbauministeriums in Ankara; er hat in Deutschland studiert.

Der Zwischenaufenthalt in Ankara ist kurz. Gegen 18.00 Uhr landet die ,,Convair” auf dem Flughafen Erzurum. Die THW-Gruppe wird begrüßt vom Generaldirektor des „Roten Halbmonds ” und von einem gesandten Angehörigen der Deutschen Botschaft, der ebenfalls als Dolmetscher fungiert. Als Quartier wird der Gruppe das Studentenheim der Universität Erzurum angewiesen; die Mannschaft wird im Autobus dorthin gebracht.

Am selben Abend treffen auch die beiden „Noratlas”-Flugzeuge mit der THW-Ausrüstung und Verpflegung ein; die Maschinen werden vom türkischen Militär entladen; die Fracht wird in vorbereitete Zelte verstaut. Ein Teil des Geräts und der Verpfle­gung ist wegen der geänderten Flugzeuggestellung (ursprünglich drei “Noratlas”) nicht mitgekommen.

Die THW-Gruppe ist zum Abendessen Gast des “Roten Halbmonds” (RH). Der Verfasser versucht, bei Gesprächen mit den Repräsentanten des RH Näheres über mögliche Einsatzaufgaben zu erfahren; sie sind jedoch dazu nicht in der Lage und ver­weisen auf die Zuständigkeit des Vali.

Die Fernsehsendung “Die Zeitlupe” berichtet am 06.09.1966 über die Hilfeleistungen der Bundesrepublik in der Türkei, der Filmbeitrag im Archiv des Bundesarchivs ist hier zu sehen.

Anlaufzeit in Erzurum

Am Sonntag, 28. August, führt der Verfasser ein ausführliches Gespräch mit dem Generaldirektor und dem örtlichen Präsidenten des RH und legt die Organisationsform des THW, Kräftezusammensetzung und Hilfe­leistungsmöglichkeiten dar. Sie versprechen, sich für eine sinnvolle Aufgabenzuteilung einzusetzen. Infolge Sonntagsruhe besteht keine Möglichkeit, eine Verbindung mit Verwaltungsstellen aufzunehmen. Es wird festgestellt, dass sich das eigentliche Schadensgebiet auf drei Provinzen – “Vilajets” – erstreckt, für die jeweils verschiedene Vali (Provinz-Gouverneure) zuständig sind. So gehört die besonders in Mitleidenschaft gezogene Stadt Varto zum Vilajet Musch, der süd­westliche Teil des Schadensgebietes zum Vilajet Bingöl. Im südlichen Teil des Vilajets Erzurum befindet sich Hinis, mit 4.500 Einwohnern die größte vom Erdbeben betroffene Stadt.

Am Nachmittag desselben Tages wird mit einem Kraftfahrzeug des RH eine Erkundungsfahrt in das etwa 160 km entfernte Hinis unternommen.

Landstraße bei Hinis

Landstraße bei Hinis

Der Augenschein ergibt in der Hauptsache eingestürzte Wohnbauten, die in der traditionellen Bauweise erstellt sind. Mit Lehm vermörtelte unbearbeitete Natursteine bilden die Wände, dar über rohe Balken oder Baumäste als Tragwerk; eine etwa 0,5 Meter dicke, oben kuppelförmig gewölbte Lehmschicht bildet Decke und Dach. Es liegt nahe, dass Bauten dieser Art bei stärkeren Erschütterungen völlig aus ihrem Gefüge geraten und das schwere Decken- und Wandmaterial jäh zusammenstürzt. Dementsprechend sind die Auswirkungen auf Hausbewohner, Einrichtung und Vieh.

Die betroffene Bevölkerung hat aus den eingestürzten Häusern Verletzte, Tote, Hausrat usw. bereits geborgen. Maßnahmen zur Beseitigung des Trümmerschutts sind nur vereinzelt zu erkennen; es fehlen sicher dazu die nötigen Großgeräte und Transportfahrzeuge. Die Obdachlosen hausen in Zelten oder haben sich sonstige Behelfsquartiere errichtet; viele Familien kampieren im Freien.

Die in solider Bauweise erstellten Gebäude (mit Mauerwerk aus Kunststein oder behauenen Natursteinen, ordentlichen Decken­balken und Dachkonstruktionen) und auch die Bauten in Stahlbeton sind durchwegs erhalten geblieben. Einsturzschäden sind offensichtlich nur dann entstanden, wenn Baumaterial, Zement, Zuschlagstoffe, Stahlbewehrung schlecht waren und nicht den bautechnischen Regeln entsprechend verwendet wurden.

Viele Geschäfte, Lokale, Werkstätten usw. sind in Betrieb. Die Bevölkerung, darunter viele rüstige Männer, füllt die Straßen. Vertei­lungsstellen für Zelte, Lebensmittel, einschlägige Räumwerkzeuge usw. sind eingerichtet, bündelweise liegen Schaufeln, Hacken, Spaten da und harren arbeitswilliger Hände.

Aus einem Gespräch mit dem zuständigen Hauptverwaltungsbeamten für den Kreis Hinis (,.Vertreter des Vali'”) und dem Gemeindevorsteher ergeben sich keine Anhalts­punkte für ein Tätigwerden des THW. Man weist darauf hin, dass in erster Linie Material- und Sachliefe­rungen für die etwa 8.000 obdachlosen Familien aus Hinis und den umliegenden, ebenfalls schwer zerstörten Dörfern notwendig seien.

Auch vom Vali, mit dem am folgenden Tag eine Besprechung stattfindet, ist ein Hinweis für eine Einsatzaufgabe der THW-Gruppe nicht zu erhalten.

Durch die Verbindungsaufnahme des deutschen Oberfeldarztes mit dem für die Proyinz Erzurum zuständigen Gesundheitsdirektor, erfährt der Verfasser am 29. August, dass unter den Trümmern des zerstörten Krankenhauses in Hinis noch wertvolle Medikamente, Arztausrüstungen, Krankenhauseinrichtungen usw. liegen, die für die Betreuung der Kranken dringend gebraucht werden.

Die Bergung dieser wertvollen Güter durch das THW wird sofort angeboten. In einer eingehenden Besprechung werden die näheren Einsatzbedingungen geklärt.

Am 30. August ist türkischer Nationalfeiertag aus Anlass des Sieges über die Griechen nach dem ersten Weltkrieg. Am Vormittag findet in Erzurum eine große Militärparade statt. Ein Teil der THW-Helfer sieht dabei zu.

Der türkische Gesundheitsdirektor hat inzwischen die Zustimmung des Vali für das Tätigwerden des THW in Hinis erhalten. Noch am Nachmittag werden vom RH Transportfahr­zeuge zur Beförderung der THW­-Helfer und der Ausrüstung besorgt und die  Gerätschaften verladen. Die Marschbereitschaft wird zum 31. August angeordnet.

Bereitstellung und Abfahrt

Bereitstellung und Abfahrt

Die örtliche Erkundung in Hinis, die am Nachmittag des 30. August stattfindet, ergibt, dass für die Bergung der Krankenhausgüter qualifizierte Arbeit, sachkundige Trümmerbeseitigung und bauliche Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Für einen echten THW-Einsatz ist nun grünes Licht!

Der Abmarsch der THW-Einsatzgruppe von Erzurum am 31. August verzögert sich bis gegen Mittag, da der Transportraum für die Männer nicht ausreicht, ausserdem Betriebsstoffe, Gas- und Sauerstoffflaschen noch örtlich zu beschaffen sind.

Abfahrt

Abfahrt

Als ,Vorkommando’ treffen Verfasser, Arzt, Geschäftsführer, Dolmetscher und zwei Helfer gegen 16.00 Uhr in Hinis ein; kurz darauf kommen auch die beiden Lkw mit der Ausrüstung und weiteren vier Helfern an.

Fahrt nach Hinis

Fahrt nach Hinis – mittig der Verfasser Dipl.-Ing. Kautzky

Sofort wird mit dem Zeltaufbau begonnen und als gegen 18.00 Uhr das Fahrzeug mit der übrigen Mannschaft eintrifft, sind bereits zwei LSHD-Zelte aufgestellt. Mit Zustimmung des RH sind von Erzurum aus zwei zusätzliche LSHD-Zelte aus deutschen Hilfssendungen mitgenommen worden, so dass für das THW-Lager insgesamt vier Großzelte zur Verfügung stehen.

Zeltaufbau am Einsatzort

Zeltaufbau am Einsatzort

Der Abend des 31. August wird mit der Weiterführung des Zeltaufbaus und Einrichtung des Lagers verbracht.

Zeltlager THW Einsatzgruppe

Zeltlager der THW-Einsatzgruppe

Das Lager der THW-Einsatzgruppe befindet sich am Nordrand von Hinis, im abgeschlossenen Bereich der Kreis-Schule, deren moderne Gebäude keine Erdbebenschäden auf­weisen.  Wegen Ferien ist zur Zeit kein Schulbetrieb.

Geschäftsführer Kaster

Geschäftsführer Kaster

Im Hauptgebäude ist ein Behelfskrankenrevier eingerichtet worden. Für die THW-Mannschaft ist von Vorteil, dass im Schulbereich die Wasserleitung (braunes Nutzwasser) funktioniert und auch elektrischer Strom vorhanden ist. Wasch- und Abort­einrichtungen der Schule kann das THW benutzen.

Gerätelager

Gerätelager

Einsatzmaßnahmen

Am Morgen des 1. September werden die Einsatzarbeiten am zerstörten Krankenhaus Hinis aufgenommen. Nach baulichen Sicherungsmaßnahmen wird mit Demontage und Abtragen der abgerutschten Dachkonstruktion begonnen. Alsbald können die ersten Güter geborgen werden. Der Botschaft in Ankara wird fernmündlich und dem Direktor des THW telegrafisch der Beginn der THW-Einsatzarbeiten gemeldet.

Türkei 1966

Ein Helfer birgt wertvolle Medikamente aus den Trümmern

Die örtlichen Verwaltungsstellen geben den Hinweis, dass das in Dach- und Obergeschoss beschädigte Gebäude der Kreisverwaltung schnellstens für einen Wiederaufbau hergerichtet werden müsse. Eine Prüfung ergibt, dass die Bausubstanz des Erdgeschosses gut erhalten geblieben ist und dass bei sorgfältiger Beseitigung der oberen Gebäudeteile auf das Erdgeschoss wieder aufgebaut werden kann. Fachgerechte Abstützungen und Aussteifungen zur Sicherung vor weiteren Einstürzen und umsichtiges Abtragen der Bauteile des zerstörten Daches und des Obergeschosses sind notwendig. Das THW hat eine weitere sinnvolle Einsatzaufgabe und beginnt damit am 2. September.

Trümmer am schwerbeschädigten  Krankenhaus in Hinis werden von der THW-Einsatzgruppe   beseitigt

Trümmer am schwerbeschädigten Krankenhaus in Hinis werden von der THW-Einsatzgruppe beseitigt

Der Chef der in Hinis stationierten türkischen Infanteriekompanie bietet Unterstützung an. Ab 2. September arbeiten täglich 20 bis 25 türkische Soldaten unter Führung eines Sergeanten gemeinsam mit den THW-Helfern. Die Zusammenarbeit klappt trotz sprachlicher Schwierigkeiten ausgezeichnet; die Infanteristen arbeiten geschickt, flink und mit offensichtlicher Begeisterung. Die türkische Einheit bringt jeden Morgen zum THW-Lager einen Tank­wagen mit frischem Quellwasser zum Trinken und Kochen.

Wasserversorgung des Lagers

Wasserversorgung des Lagers mit frischem Quellwasser

Ein Armee­-Lkw holt pünktlich um 7.00 Uhr früh das  THW-Arbeitsgerät zu den Arbeitsstellen und fährt es am Abend wieder zurück. Das Einvernehmen zwischen THW-Männern und Soldaten gestaltet sich bald herzlich und freundschaftlich.

Das Wasser in den Strängen der städtischen Versorgungsleitungen fließt seit dem Erdbeben braun-trübe aus den Hähnen und ist ungenießbar geworden. Am Nachmittag des 1. September unternehmen der Oberfeldarzt, der Dolmetscher und der Verfasser mit einem ortskundigen Führer einen Erkundungsmarsch entlang der Hauptleitung. Die halbe Wegstrecke wird im Jeep zurück­gelegt, der Rest muss im Fußmarsch bewältigt werden. Das Wasser kommt aus mehreren Felsenquellen von einem etwa 12 km entfernten Gesteinsmassiv oberhalb des Kur­dendorfes Altinpinar (,,Goldene Quelle”). Die Wasserabgabe der Quellen hat sich erheblich verringert. Die Mängel deuten auf Fels­versetzungen als Folge des Erdbebens. Bei der Untersuchung der einzelnen Regulierstationen und der Hochbehälter werden große Verschmutzungen festgestellt.

Fluss in der Nähe von Hinis

Fluss in der Nähe von Hinis

Die Sanierung der Wasserleitung wird am nächsten Tag durch sachkundige THW-Helfer in Angriff genommen. Nach einigen Tagen emsi­ger Arbeit sind Stationen und Hochbehälter sauber;  das Wasser, dem nach Absprache mit den örtlichen Sanitätsstellen eine entsprechende Chlormenge beigegeben wird, fließt wieder klar aus den Leitungen.

Am 3. September treffen drei Großraumzelte (LSHD-Ausführung) aus deutschen Hilfssendungen in Hinis ein. Sie werden am 4. September von den THW-Helfern sachgemäß auf dem Gelände der Kreisschule aufgebaut und dienen dem provisorischen Krankenhaus zur Unterbringung von Patienten.

Zeltaufbau

Zeltaufbau

Mittagspause beim Zeltbau

Mittagspause beim Zeltbau

Eine Reihe nützlicher Einzelarbei­ten wird von den Elektrikern der THW-Gruppe geleistet. Für das THW-Lager wird eine Platz- und Zeltbeleuchtung installiert, die sowohl mit dem Notstromaggregat betrieben als auch an das örtliche Netz – das nur zu gewissen Zeiten eingeschaltet ist – angeschlossen werden kann.

Stromversorgung bei Nacht

Stromversorgung bei Nacht

Die E-Leitungen zum zerstörten Krankenhaus und zum Verwaltungsgebäude werden abgebaut. Eine neue Anschlussleitung zu den erhaltenen Krankenhaus-Nebengebäuden wird verlegt und in den Gebäuden selbst werden Leitungsschäden behoben. Auch in die Krankenzelte wird Strom für Beleuchtungszwecke und zum Betrieb elektrischer Geräte verlegt. An verschiedenen Stellen des städtischen Freileitungsnetzes werden Reparaturen durchgeführt, Schäden behoben und Provisorien beseitigt.

Stromversorgung bei Tage

Stromversorgung bei Tage

Als Einsatzarbeiten wären schließlich noch diejenigen Maßnahmen aufzuzeichnen, die für einen ordnungsgemäßen Lagerbetrieb notwendig sind: Bau einer Latrine, einer Brauseanlage, einer Abfall-Verbrennungseinrichtung, ferner Anfertigung von Re­galen, von behelfsmäßigen Tischen und Bänken u.a.m., eine Reihe von Reparaturen wird von sachkun­digen THW-Helfern an Krankenhausgerätschaften und an Armee-Fahrzeugen vorgenommen.

Toilettenbau

Toilettenbau

Am 3. September unternimmt der Verfasser gemeinsam mit dem Oberfeldarzt eine Erkundungsfahrt in das erdbebenzerstörte Varto (2.800 Einwohner). Die Schadenseindrücke sind im Grunde die gleichen wie in Hinis, nur ist der Zerstörungsgrad in Varto infolge der größeren Intensität des Bebens noch ausgeprägter. Dem zuständigen Hauptverwaltungsbeamten (,,Vertreter des Vali”) werden in einem eingehenden Gespräch die Einsatzmöglichkeiten des THW dargelegt und Hilfeleistung angeboten. Der Vali-Vertreter dankt und weist darauf hin, dass in Varto alle technischen Hilfsmaßnahmen von der türkischen Armee durchgeführt werden und dass keine Notwendigkeit für den Einsatz sonstiger Hilfsmannschaften besteht.

Das Erkundungsergebnis in Varto macht offenkundig, dass ein Einsatz des THW außerhalb Hinis nicht in Frage kommt. Nochmalige Ortsbegehungen in Hinis mit den Behör­denvertretern und Situationsbesprechungen am 4. und 5. September er­geben keine weiteren Ansatzpunkte für notwendige THW-Arbeiten. Der Botschaft in Ankara und dem Direktor des THW wird das Auslaufen des THW-Einsatzes angezeigt.

Die THW-Gruppe führt die Einsatzarbeiten in Hinis am 10. September ordnungsgemäß zu Ende. Die Trümmerbeseitigung beim Krankenhaus und die Abtragungs- und Sicherungsarbeiten am Verwaltungsgebäude bieten nunmehr die Voraussetzungen für einen baldigen Wiederaufbau. Aus dem zerstörten Krankenhaus wurden vom THW etwa vier Tonnen Medikamente, Krankenhaus-­ und Laboreinrichtung, Arztinstrumentar, Mobiliar, Krankenkarteien, Fachbücher, Wäsche, Lebensmittel usw. im Wert von etwa 60.000 DM und in durchweg noch verwendbarem Zustand geborgen. Eine große Anzahl von Türen, Fenstern, Heizkörpern, Leuchten, Waschbecken, Armaturen wurde zur späteren Wiederverwendung ausgebaut und gelagert.  Auch aus dem Verwaltungsgebäude haben die THW-Helfer Akten, Mobiliar, Öfen, Beleuchtungskörper u. a. sichergestellt und erhaltene Fenster, Türen, Wasserbehälter, Armaturen usw. zur Wiederverwendung ausge­baut.

Am Sonntag, 11. September, wird die THW-Einsatzgruppe auf Kraftfahrzeugen des „Roten Halbmonds” von Hinis zurück nach Erzurum befördert. Auf Weisung des Bundesministeriums des Innern verbleiben die aus Deutschland mitgeführten Großzelte in der Türkei und werden der Gesundheitsbehörde in Hinis übergeben. Das gleiche geschieht mit den Restbeständen an Verpflegung, Medikamenten und Sanitärartikeln.

Am Vormittag des 12. September beginnt vom Flugplatz Erzurum aus in drei „Noratlas”-Flugzeugen der Rückflug der THW-Mannschaft und der Einsatzausrüstung nach Deutschland.

Erzurum

Flugfeld Erzurum mit den drei Noratlas Flugzeugen der Bundeswehr

Zwischenstationen mit Über­nachtungen werden in Ankara und Neapel eingelegt.

Am 14. September gegen 15.30 Uhr kommen die THW-Helfer wohlbehalten am Flugplatz Köln/Bonn an und werden von Mini­sterialdirektor Thomsen im  Namen der Bundesregierung und des THW-Direktors herzlich begrüßt.

Einsatzerfolg und Erfahrungen

Die anfängliche Zurückhaltung der amtlichen Stellen gegenüber einem Tätigwerden des THW im Erdbebengebiet weicht nach dem Einsetzen der Arbeiten in Hinis alsbald einer echten Aufgeschlossenheit und vorbehaltlosen Anerkennung. Der Vali lässt am 4. September bei einer Inspek­tionsfahrt nach Hinis den Verfasser zu sich rufen, bedankt sich in aller Form für die dargebotenen Einsatzleistungen und verabschiedet sich mit den Worten: .,I am very happy!” Der Hauptverwaltungsbeamte für Hinis (,,Vertreter des Vali”) hebt bei der Verabschiedung hervor, dass das emsige, geschickte und einsatzfreudige Zupacken der deutschen Helfer die einheimischen Männer moralisch aufgerüttelt und zu aktiverer Selbsthilfe angespornt habe. Auch die Ärzteschaft des Krankenhauses Hinis, der Gesundheitsdirektor für Erzurum, Präsident und Generaldirektor des „Roten Halbmonds ” sprechen Lob und Anerkennung für die erwiesene Hilfe aus. Besondere Ehrungen und Lobbezeugungen erfährt die THW-Mannschaft bei ihrer Abreise in Hinis und in Erzurum.

Nachhaltigen Eindruck macht der THW-Einsatz auch auf die einheimische Bevölkerung. Wenn bereits auf Grund der traditionellen deutsch- türkischen Freundschaft und ehemaligen Waffenbrüderschaft allgemeine Sympathie besteht, so sind es doch die Arbeitsleistungen der deutschen THW-Männer, die besonders beachtet und bewundert werden. Mancher freundliche Blick, mancher spontane Händedruck und manche Einladung zu einem Glas Tee, bezeugen echte freundschaftliche Wertschätzung und Anerkennung.

Türkische Publikationsorgane beschäftigen sich ausgiebig mit dem Einsatz des THW. Die Presse bringt laufend Berichte, das türkische Fernsehen filmt die Arbeiten in Hinis. Mit Befremden erwähnen türkische Blätter die unsachlichen und überspitzten Meldungen einiger deutscher Berichte über die Anlaufphase in Erzurum.

Die fachliche Zusammensetzung der Einsatzmannschaft und die Auswahl der Ausrüstung haben sich in jeder Weise bewährt. Das Vorhandensein THW-eigener Fahrzeuge hätte manche Erleichterung bedeutet, insbesondere hätte ein stets verfügbarer geländegängiger leichter Lkw (Jeep) Vorteile und Zeitgewinn bei Erkundung, Verbindungsaufnahme und Einzelmaßnahmen gebracht.

Leistungsfähigkeit und Gesundheitszustand der Helfer blieben durchweg zufriedenstellend. Nur in vereinzelten Fällen traten vorübergehend Darm- und Magenbeschwerden, Grippe und Rückenschmerzen auf.

Die mitgeführte Bundeswehr-Verpflegung war ausreichend, kräftig und fand im allgemeinen auch Anklang.

Kochstelle und Reparaturplatz

Kochstelle und Reparaturplatz

Ihre Zubereitung auf den Pro­pangas-Kochherden in Camping-Ausfertigung gelang recht gut. Kartoffeln, Gemüse und Obst wurden durch örtliche Einkäufe ergänzt. Der anfänglich in Deutschland zurückgebliebene restliche Verpflegungsvorrat gelangte am 4 . September zum THW­-Lager Hinis. Vorsorge für Umstellung und Verpflegung aus Inlandsbeständen war bereits getroffen.

Verpflegungslager

Verpflegungslager

Für die Unterbringung der Helfer erwiesen sich die LSHD-Großzelte als besonders zweckmäßig, ebenso die mitgeführten Luftmatratzen und die Schlafsäcke. Die große Tageshitze und der viele Staub brachten das Bedürfnis nach täglicher Körper­wäsche.

Schlafstätten

Schlafstätten mit Luftmatratzen

Da die drei Waschbecken und die zwei Brausezellen der Schule nicht ausreichten, wurde im THW-Lager eine Behelfsbrauseanlage aus zwei Blechtonnen auf einem Holzgerüst errichtet. Aus gesundheitlicher Vorsorge nahm man davon Abstand, im nahegelegenen Fluss zu baden.

Brauseanlage im Bau

Brauseanlage im Bau

Für die Verständigung zwischen Deutschen und Türken setzten sich in hervorragender Weise die beiden Dolmetscher ein. Verschiedentlich ergaben sich Verständigungsmöglichkeiten auf Englisch, insbesondere bei den türkischen Offizieren.

Vorausdispositionen und praktisches Anlaufen des THW-Einsatzes wären wesentlich erleichtert und vereinfacht worden, wenn durch eine Vorerkundung und vorbereitende Verbindungsaufnahme mit den zuständigen türkischen Stellen die tatsächlichen Einsatzerfordernisse an Ort und Stelle festgestellt worden wären und davon ausgehend, der Kräfte- und Ausrüstungsbedarf, die Arbeits-, Unterkunfts- und Verpfle­gungsbedingungen hätten ermittelt werden können.

Abendessen

Abendessen

Als besonders nützlich und beachtenswert erscheint die Zusammenarbeit eines Hygienikers und eines Technikerteams bei Planung und Durchführung grundlegender Katastrophen-Hilfsmaßnahmen. Das so nützliche Zusammenwirken zwischen dem Bundeswehrhygieniker und dem THW gibt dafür ein sehr treffendes Beispiel.

Von den Beteiligten verlangte der Einsatz harte Arbeit, körperliche und seelische Anspannung, Umstellung auf völlig andersgeartete klimatische Verhältnisse, Einführung in landeseigentümliche Mentalität und Lebensgewohnheit, Zurückstellung der persönlichen Ansprüche, schließlich auch Geduld. Die Helfer waren 14.976 Stunden im Einsatz und leisteten dabei 4.344 Arbeitsstunden.

Das THW hat alle Veranlassung, mit voller Genugtuung und mit Stolz auf seinen Türkei-Einsatz 1966 zurückzuschauen.

 

 

 

Frank Winterfeldt, OV Pforzheim: Vor 50 Jahren – Tornado über Pforzheim – Tote, Verletzte, beschädigte Häuser, Sachschäden in Millionenhöhe

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Es geschah am Mittwoch, 10. Juli 1968. Nach einem schwülen Hochsommertag  färbte sich der Himmel über der Goldstadt Pforzheim bedrohlich schwefelgelb. Zwischen 21:30 Uhr und 21:50 Uhr brauste aus heiterem Himmel ein Tornado über die Region hinweg. Der auf den Boden reichende Luftschlauch rotierte mit einer Geschwindigkeit von über 300 km/h. Dies berechneten später  Experten des Instituts für Baukunde aufgrund der massiven Zerstörungen an umgeknickten Strommasten. Im urbanen Bereich und auch in den Wäldern hinterließ der Tornado innerhalb weniger Minuten schwerste Zerstörungen. Auf der fünfteiligen Fujita-Skala, benannt nach einem amerikanischen Sturmforscher, erreichte der Tornado die Intensitätsstufe 4, die als „verheerend“ beschrieben wird.

Der Wirbelsturm, der zuerst über die französischen Vogesen im Westen und danach über die heutigen Landkreise Karlsruhe, den Enzkreis und den Süden der Stadt Pforzheim hinweg zog, schlug in der Region Nordschwarzwald eine 35 Kilometer lange und bis zu 500 Meter breite Schneise der Verwüstung. In der Gemeinde Ottenhausen starb ein Ehepaar durch den Wirbelsturm. In der Stadt Pforzheim wurden 200 Menschen durch umherfliegende Trümmerteile zum Teil schwer verletzt. 140 Menschen hatten buchstäblich kein Dach mehr über dem Kopf. Autos wurden vom Sturm wie Spielzeug durch die Luft gewirbelt, Hochspannungsmasten einfach abgeknickt. Über 2000 Häuser wurden durch Druck- und Sogwirkung beschädigt, ganze Dächer komplett abgedeckt, die Ziegel vollständig herunter geweht  und Tausende von Bäumen einfach entwurzelt. Sechs Gittermasten einer 110 kV-Freileitung der Stromversorgung knickte der Tornado einfach um. Das gesamte Ausmaß der gewaltigen Schäden konnten die Verantwortlichen erst am nächsten Morgen bei Tageslicht erkennen. Dann lief die Maschinerie der Hilfe an. Einsatzkräfte von Feuerwehr, Deutschem Roten Kreuz, Technischem Hilfswerk, den französischen und den amerikanischen Streitkräften kamen 14 Tage lang bei Sicherungs- und Aufräumarbeiten zum Einsatz. Unterstützung schickte auch die Bundeswehr, die aus nahe gelegenen Standorten handwerklich ausgebildete Soldaten, überwiegend  Zimmerleute und Dachdecker, ins Katastrophengebiet schickte.  Zahlreiche  Vereine und private Initiativen halfen mit, die Schäden zu beseitigen. Der damalige Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, sein Außenminister Willy Brandt und der baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger machten sich vor Ort ein Bild von den verheerenden Schäden. Starke Polizeikräfte mussten eingesetzt werden, um Katastrophentouristen, die mit organisierten Busreisen nach Pforzheim kommen wollten, an den Stadtgrenzen abzuweisen.

Wie Spielzeug wirbelte der Sturm Fahrzeuge herum (Fotograf: Bischoff)

In der Bleichstraße stürzten Bäume auf abgestellte PKWs (Fotograf: Notton)

THW schickte aus allen Teilen Baden-Württembergs Hilfe ins schwer getroffene Pforzheim

Der schnelle Einsatz von Hilfskräften aus nicht betroffenen Bereichen an Schadensschwerpunkten war schon vor 50 Jahren eine Stärke des Technischen Hilfswerks.  In Pforzheim und Umgebung kamen rund 350 ausgebildete Helferinnen und Helfer mit über 50 Einsatzfahrzeugen aus den THW-Ortsverbänden Backnang, Eberbach, Esslingen, Freiburg, Haßmersheim,  Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Kirchheim/Teck, Kirchentellinsfurt, Leonberg, Ludwigsburg, Mannheim, Mühlacker, Neuenbürg-Arnbach, Niefern-Öschelbronn, Ofterdingen, Pforzheim,  Reutlingen, Rottenburg/Neckar, Rußheim, Stuttgart, Tübingen, Weinsberg, Wiesental und Wildberg zum Einsatz. Schwerpunkte des Einsatzes waren der Betrieb von Sprechfunk- und Feldfernsprechverbindungen durch den damaligen Fernmeldezug unter Leitung von Erich Dihlmann. Führungskräfte unter Leitung des damaligen Ortsbeauftragten Werner Landauer wirkten in der Einsatzleitung der Stadt Pforzheim mit. In einer ersten Phase wurden alle Zufahrtsstraßen mit Unterstützung der Bergungsgruppen geräumt und wieder befahrbar gemacht. Danach sicherten die Helfer bauliche Gefahrenstellen und beseitigten umgestürzte Bäume. Dabei kamen auch Sprengtrupps zum Einsatz. In einer dritten Phase unterstützten Fachhelfer der Elektrotrupps die Stadtwerke Pforzheim bei der Wiederherstellung einer provisorischen Stromversorgung. Die Arbeiten in der Stadt und den Wäldern dauerten über 2 Wochen an. Bei den gefährlichen Aufräumarbeiten wurde ein Dachdecker getötet, weitere 130 Personen wurden verletzt.

Von den Dächern wehten die Dachziegel herunter (Fotograf Hurst)

Gefährliche Arbeiten in luftiger Höhe: Sicherung eines zerstörten Kamins (Fotograf: Kretschmer)

Beweis für die Kraft des Tornados: Vor einem bekannten Autohaus im Industriegebiet Brötzinger Tal hat der Tornado einen Hochspannungsmasten einfach umgeknickt (Fotograf: Kraus)

In der Bleichstraße in Pforzheim geht eine Gruppe des THW in den Einsatz. Um 21.50 Uhr am Abend des 10. Juli 1968 ist die Uhr stehengeblieben (Fotograf: Bischoff)

Bis zu 60 Tornados unterschiedlicher Stärke registriert der Deutsche Wetterdienst jährlich in seinem Zuständigkeitsbereich. Zuletzt traf ein Wirbelsturm Mitte Mai 2018 die Stadt Viersen in Nordrhein-Westfalen. Der Tornado, der vor 50 Jahren über Pforzheim  und der Region Nordschwarzwald hinweg fegte, gilt bis heute als einer der verheerendsten in Deutschland.

Vor 30 Jahren: Das Erdbeben in Armenien

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Im Norden des heutigen Armeniens zerstörten am 7. Dezember 1988 Erdbeben mehrere Städte und Dörfer. Es war der erste Einsatz der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBAdes THW, die 65 der insgesamt 186 SEEBA-Kräfte im Einsatz stellte. Er forderte neben Bergungs- und Räumarbeiten auch die logistischen Fähigkeiten des THW.  Zwar bewährte sich die Struktur der neuen Auslandseinheit, doch der Einsatz zeigte auch, wie schlecht die internationale Gemeinschaft vorbereitet war. Heute bezeichnet der Einsatz den Beginn internationaler Kooperation und Standards.

VIDEOTEIL

https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=b6gj9QDPFUw

Gerd Friedsam, heute Vize-Präsident des THW, war damals Teil der internationalen Hilfskräfte.

Das Beben

Karte Armeniens mit Epizentrum und den Städten Leninakan, heute Gyumri und der ehemaligen Lage Spitaks.

So weit lag die Stadt Spitak vom Epizentrum entfernt. Nach dem Beben wurde die Stadt aufgegeben und an anderer Stelle neu erbaut. Quelle: dlca

Die Erdbeben am 7. Dezember 1988 zerstörten im Norden des heutigen Armenien eine ganze Region. Das Epizentrum lag nur 18 Kilometer nord-nordwestlich der 20 000 Einwohnerstadt Spitak, sie wurde beinahe gänzlich ausgelöscht. Leninakan, das heute Gyumri heißt, war die zu dieser Zeit zweitgrößte Stadt Armeniens. Mit ihren 225 000 Einwohnern lag sie 25 Kilometer südöstlich des Epizentrums. Hier hielten über zwei Drittel der Gebäude nicht stand. Die Beben kosteten mindestens 25 000 Menschen das Leben und hinterließen mehr als 31 000 Verletzte.

Das Beben und seine Folgen in Kürze

Hauptgründe für die hohen Opferzahlen waren die fragile Bauart vieler Gebäude und die Kälte. Die einstürzenden Bauten begruben Tausende. Viele erfroren, bevor sie gerettet werden konnten.

Mehr als 514 000 Menschen wurden innerhalb weniger Minuten obdachlos.

Die Welt rückt zusammen

Das Beben traf die Sowjetunion (UdSSR) ein knappes Jahr vor dem Ende des Kalten Krieges. Die Beziehung zwischen den kommunistischen Staaten unter Führung der Sowjetunion und den sogenannten Westmächten, besonders den USA, aber auch West-Deutschland, war zerrüttet. Dennoch bietet das Auswärtige Amt in Bonn angesichts des Ausmaßes der Katastrophe Unterstützung an. Am Abend des 09. Dezember 1988 ergeht ein internationales Hilfeersuchen der sowjetischen Regierung. Das Auswärtige Amt erteilt einen Einsatzauftrag, unter anderem für das Technische Hilfswerk (THW).
Innerhalb von vier Stunden stehen 65 Kräfte der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA) bereit. Um die häufig zerstörte Infrastruktur in Erdbebengebieten nicht zusätzlich zu belasten, ist die Einheit darauf vorbereitet, 14 Tage autark zu agieren. Mit zwölf Tonnen Gepäck fliegen die Einsatzkräfte von Frankfurt in die armenische Hauptstadt Yerevan.

Flughafen Yerevan

Yerevan selbst ist nicht betroffen, jedoch geht der kleine Flughafen angesichts der internationalen Hilfsbereitschaft an seine Grenzen: Starten und landen dort normalerweise im Schnitt etwa fünf internationale Flüge am Tag, sind es nach dem Erdbeben zeitweise mehr als 250.

Zur Bilderstrecke: 30 Jahre Spitak

Einsatz des THW

Die Kräfte der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland erreichen Spitak am Abend des 10.12.1988.

Ausschnitt aus dem Bericht des Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA).

Ausschnitt aus dem Bericht des Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA). Quelle: THW

zugewiesener Lagerplatz

Die Einsatzbedingungen sind schwer, die Stadt und jegliche Infrastruktur sind völlig zerstört. Krankenhäuser haben das lokale medizinische Personal unter sich begraben. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und Nachttemperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius suchen Einsatzkräfte und Einheimische nach Überlebenden. Da auch die Gebäude der Stadtverwaltung zerstört und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter den Opfern sind, gibt es zudem keine verlässlichen Quellen darüber, wo noch Verschüttete zu suchen sind.

Im Abschlussbericht der Einsatzkräfte wird stehen:

„Die Stadt Spitak ist zu 100% zerstört. […] Trotz ununterbrochener Suche konnten in der gesamten Stadt kaum Lebende geortet werden, Verweise von Hunden führten in der Regel zu Totbergungen.“

 

Karte mit den Einsatzgebieten des THW aus dem Zivilschutz-Magazin, Ausgabe 12/88, aus dem Dezember 1988.

Karte mit den Einsatzgebieten des THW aus dem Zivilschutz-Magazin, Ausgabe vom Dezember 1988. Quelle: Zivilschutz-Magazin, Ausgabe 12/88

Am 13.12. wird die Suche nach Überlebenden von sowjetischer Seite offiziell eingestellt. Die SEEBA-Kräfte reisen ab und fliegen am 15. Dezember zurück nach Deutschland.

Schweres Gerät

Für die weitere Bergung von Toten und für Räumarbeiten fliegen am 13. Dezember 76 THW-Kräfte mit Bergungsräumgeräten nach Yerevan.

Außerdem entsendet Deutschland am 21. Dezember eine Ablösemannschaft mit 43 Hilfskräften. Mit insgesamt sechs Bergungsräumgeräten arbeiten die Mannschaften trotz Kälteeinbruchs und starken Schneefalls bis zu 19 Stunden am Tag.

VIDEOTEIL

https://www.youtube.com/watch?time_continue=2&v=TPtDX4n9h3g

Nach Beendigung des Einsatzes verbleiben die Bergungsräumgeräte sowie weiteres technisches Gerät für weitere Räumarbeiten in Armenien.

Lessons Learned

Die nach und nach eintreffende internationale Hilfe für Armenien im Jahr 1988 war kaum koordiniert. Nur wenige Absprachen bestanden vor Abflug, ein gezieltes Vorgehen im Einsatz organisierten die Hilfsorganisationen erst vor Ort. Dabei ging wertvolle Zeit verloren. Das hatte beispielsweise zur Folge, dass bereits durchsuchte Gebäude nicht wie heute nach internationalem Standard markiert und deshalb mehrfach von Einsatzkräften durchsucht wurden.

Die Zahl der Opfer war einfach zu groß, um alle zu retten. Dennoch sind die ersten 72 Stunden nach einer Katastrophe besonders kritisch, um verletzte Verschüttete retten zu können. Die verlorene Zeit hatte in Armenien wegen der nächtlichen Temperaturen besonders gravierende Folgen. Im Abschlussbericht der Einsatzkräfte des THW steht:

„[…] unter den Trümmern in Armenien sind zahlreiche Tote geborgen worden, die eindeutig erfroren sind, weil die Bergung zu spät erfolgte.“

Die zur Verfügung stehenden Ressourcen konnten von der sowjetischen Einsatzleitung vor Ort auch deshalb nicht optimal genutzt werden, weil beispielsweise Fähigkeiten bestimmter Einsatzgruppen nicht bekannt waren. In einem Bericht fassten die Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften die Lage 1991 wie folgt zusammen:

“[N]ot only was there a lack of coordination between international teams on the ground, but often the local authorities had no idea what the specialist teams were capable of, what equipment they had brought with them and even which teams had actually arrived”.
(deutsche Übersetzung: „Es gab nicht nur einen Mangel an Koordination zwischen den internationalen Teams am Boden, sondern häufig auch einen Mangel an Wissen der Autoritäten vor Ort über die Fähigkeiten und Ausstattung der Expertenteams oder darüber, dass diese überhaupt angekommen waren.“)

Im Bericht des THW-VerbKdo (THW-Verbindungskommando, zuständig für Koordinierung und Weiterleitung deutscher Hilfsgüter) wird die Lage in Armenien wie folgt beschrieben:

Ausschnitt aus dem Abschlussbericht des THWAusschnitt aus dem Abschlussbericht des THW

*Dislozierung: Der Begriff beschreibt, wie Einsatzeinheiten mit bestimmten Aufgaben im Einsatzgebiet verteilt sind
Quelle: THW

INSARAG – Die Internationale Gemeinschaft reagiert

Der Einsatz in Nordarmenien sowie ein vorausgegangenes Erdbeben in Mexiko 1985 stießen einen Prozess an, der bis heute nachwirkt.
Im Einsatz hatten verschiedene Hilfsorganisationen, auch unterschiedlicher Länder, aus der Situation heraus Wege gefunden, gemeinsam zu arbeiten. Aus diesen Erfahrungen entstand zunächst der D-A-CH-Verband. Deutschland (D), Österreich (A) und die Schweiz (CH) begannen, über gemeinsame Standards und Koordinierung zu sprechen.

1991 ging aus diesem Zusammenschluss die International Search and Rescue Advisory Group (INSARAG) hervor. Als Plattform zur Koordination von Erdbeben und anderen Umweltkatastrophen entwickelte die INSARAG in den folgenden Jahren ein erstes Regelwerk für die Suche und Rettung in dicht besiedelten Gebieten (auch Urban Search and Rescue (USAR) genannt). Besonders wichtig dabei, dem betroffenen Land soll die Koordinierung der verschiedenen Kräfte erleichtert werden.

Zur Zusammenarbeit mit anderen Organisationen berichteten die Einsatzkräfte wie folgt von ihren Erfahrungen:

Ausschnitt aus dem Abschlussbericht des THW

Fehlende Informationen an der Basis kosteten wertvolle Zeit. (Fett-Markierungen im Text erfolgten durch die Redaktion.)

Seit 2002 ist die INSARAG durch die UN-Vollversammlung anerkannt und dem UN-Büro zur Koordinierung von humanitären Angelegenheiten (OCHA) zugeordnet.
Um eine Zertifizierung durch INSARAG zu erhalten, müssen die Einheiten alle fünf Jahre nachweisen, dass sie den internationalen Standards entsprechen. Dazu gehören neben Ausstattung, Besetzung und Einsatztaktik, dass sich die Einheiten ständigen Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen unterziehen und aktiv in der INSARAG mitarbeiten.

Die SEEBA wurde erstmals 2007 zertifiziert und erhielt zuletzt 2017 ihre Rezertifizierung.

Heute gehören der INSARAG über 90 Bevölkerungsschutzorganisationen weltweit an.

Heute: OSOCC – Struktur im Chaos

Heute gibt es nach solchen Katastrophen ein immer gleich ablaufendes Verfahren der Vereinten Nationen: Das betroffene Land stellt ein sogenanntes internationales Hilfeersuchen. Im virtuellen Vor-Ort-Einsatz-Koordinierungszentrum der Vereinten Nationen (englisch: On-site Operations Coordination Centre, kurz OSOCC) werden Bedarfe und Voraussetzungen vor Ort definiert, an denen sich entsendende Länder dann orientieren können.

Sie übermitteln, welche Teams sie bereitstellen, welche Fähigkeiten und Ressourcen diese haben oder benötigen und wie die Teams vor Ort (beispielsweise per Satellit) zu erreichen sind. Die Vereinten Nationen oder die Europäische Union stellen außerdem vor Ort die Einsatzleitung zur Koordination der verfügbaren Kräfte.

Screenshot des virtuellen Vor-Ort-Einsatz-Koordinierungszentrum der Vereinten Nationen (englisch: On-site Operations Coordination Centre, kurz OSOCC).

Screenshot des virtuellen Vor-Ort-Einsatz-Koordinierungszentrum der Vereinten Nationen (englisch: On-site Operations Coordination Centre, kurz OSOCC). Hier als Beispiel eine Übung in Armenien: Noch bevor Einsatzkräfte sich auf den Weg machen, können sich Einsatzleitende weltweit ein Bild von der Lage machen. Quelle: OSOCC

Diese Strukturen erleichtern Einsätze unter schwersten Bedingungen. „Das hat viele Jahre gedauert“, sagt Gerd Friedsam rückblickend, „hier einheitliche, weltweit geltende Standards zu setzen.“
Für ihn ist klar: „Das war eine der großen Lehren aus Spitak und Leninakan, dass man an diesem Thema international arbeiten muss.“

Zur Erinnerung an die Opfer des Erdbebens finden in Gyumri und der Region jedes Jahr Gedenkveranstaltungen statt, an denen regelmäßig THW-Angehörige teilnehmen.

THW-Delegation bei einer Gedenkveranstaltung zum 30jährigen Jahrestag des Erdbebens von Spitak in Armenien, Gyumri.

Zum Jahrestag reiste eine Delegation von THW und DRK nach Gyumri (ehemals Leninakan). Quelle: Deutsche Botschaft Eriwan

 


Auslandseinsatz in Goma/Zaire vor 25 Jahren – Text und Bilder von Frank Winterfeldt

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UN-Karte Ruanda

Innerhalb weniger Monate wurden in Ruanda, einem kleinen zentralafrikanischen Land, rund 800.000 Menschen getötet. Dem Völkermord folgte eine zweite Katastrophe: rund 2 Millionen Menschen flüchteten aus Ruanda in die Nachbarstaaten Burundi, Tansania, Uganda und Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, in eine ungewisse Zukunft, ohne ausreichende Ver- und Entsorgungsstrukturen.

Die Masse der Flüchtlinge ließ sich rund um die zairische Hafenstadt Goma nieder. Innerhalb weniger Wochen stieg dort die Bevölkerungszahl von rund 100.000 Menschen auf über eine Million an.

Lager um Goma – Flüchtlingszelte bis an den Horizont

Größtes Problem für den UNHCR, den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, war die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser. Auf Anforderung des Bundesministeriums des Innern und auf Ersuchen des Auswärtigen Amtes half das THW bei der Trinkwasserversorgung der Flüchtlinge und der einheimischen Bevölkerung.

TWA – Arbeitsplatz des „Bademeisters“, des Trinkwasserlaboranten, der sowohl das Roh-, als auch das Reinwasser untersuchte. Im Container ist das komplette Trinkwasserlabor untergebracht. Mit der ständigen Überwachung des Trinkwasser sichert der Laborant die Qualität des abgegebenen  Wassers.

Jeweils 70 Helferinnen und Helfer schickten die Planer in der Bonner THW-Leitung und aus dem Landesverband Baden-Württemberg auf dem Luftweg mit Chartermaschinen für rund vier Wochen nach Goma. Die gesamte Ausstattung, Fahrzeuge, Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Schläuche, Chemikalien für die Wasseraufbereitung und die Analyse, Wasserblasen, Zelte, Feldbetten, Pumpen, alles benötigte Equipment musste ebenfalls auf dem Luftweg mit Antonov-Frachtmaschinen nach Afrika transportiert werden.

Am Kivusee produzierte das THW mit seinen leistungsfähigen Trinkwasseraufbereitungsanlagen täglich bis zu 2 Millionen Liter sauberes Trinkwasser. Eigene LKWs mit Wasserblasen und Tankfahrzeuge der internationalen Hilfsorganisationen wurden am eigens erbauten Wasserturm, oberhalb des Hafens in Goma, mit sauberem Trinkwasser befüllt. Über die mit erkalteter Lava des Vulkans Nyiragongo bedeckten Straßen ging es dann auf verschiedenen Routen zu den Menschen in die Flüchtlingslager rund um Goma. Nach Erhebungen des UNHCR trug die regelmäßige Trinkwasserver-sorgung zu einem signifikanten Rückgang der täglichen Todesfälle bei. Ende Juli 1994 starben fast 7000 Menschen täglich in den Flüchtlingslagern.

Über eine Million Menschen flüchteten nach Goma – Blick aus einem Wassertanker des THW auf die mit Flüchtlingen überfüllte Straße bei Goma

Das Sinnbild für effektive Hilfe: der provisorische Wasserturm oberhalb des Hafens von Goma

Goma-Basis

Das Basislager des Technische Hilfswerkes am Hafen von Goma, direkt am Kivusee. Von dort starteten die LKW des THW, erfolgte die Wartung und Instandsetzung von Fahrzeugen und Equipment in der Schirrmeisterei, schliefen die Helferinnen und Helfer in Zelten, wurde das umfangreiche Material gelagert und die Einsatzkräfte versorgt. Große Industriewaschmaschinen und einheimische Kräfte sorgten für saubere Arbeitskleidung. Am Kivusee wurden die Trinkwasseraufbereitungsanlagen aufgebaut und mit Pumpen das Rohwasser aus dem See entnommen, aufbereitet, chloriert, gesammelt, in Rohrleitungen auf den Wasserturm gepumpt und an die Tankfahrzeuge abgegeben.

Vor Ort wurden die Einsatzkräfte mit viel Not und Elend, den Schicksalen von Tätern und Opfern, schlechten hygienischen Voraussetzungen und extremen Wetterbedingungen ganz direkt konfrontiert. Auch 25 Jahre nach dem Einsatz sind die Erfahrungen bei vielen beteiligten Helfern immer noch präsent und so manche Alltagssorgen in Deutschland treten in den Hintergrund.

Rund 600 Helferinnen und Helfer vom THW aus der gesamten Bundesrepublik waren von Juli 1994 bis Anfang April 1995 unter der Führung von Dipl.-Ing. Basil al Naqib aus der THW-Leitung mindestens vier Wochen in der größten Flüchtlingskrise vor Ort im Einsatz. Durch ihren Einsatz konnte sauberes Trinkwasser fachgerecht aufbereitet und in ausreichender Menge an Flüchtlinge und Bewohner der Stadt Goma verteilt werden. Mit diesem wichtigen Beitrag konnte den betroffenen Menschen das Überleben in dieser Krisenlage gesichert werden.

 

Klassenzimmer im Flüchtlingslager Buhimba

Der Schneider von Himbi – im Flüchtlingslager Himbi verwandelte er viele graue THW-Latzhosen in praktische Gürtelhosen

Kinder Goma: Hallo Muzungu – trotz der bedrückenden Lebenssituation in den Flüchtlingslagern hatten die Kinder immer Spaß, wenn die Muzungus   (afrikanische Bezeichnung für hellhäutige Menschen) in ihren hellblauen Outfits mit den hellblauen LKWs kamen, frisches Trinkwasser lieferten und so für Abwechslung im eintönigen Lageralltag sorgten.

Lebensmittel, wie hier Bananen, wurden mit Einbäumen über den Kivusee transportiert

THW-Helfer mit lokalen Kräften – Lokale Hilfskräfte und THW-Einsatzkräfte arbeiteten eng zusammen. Zur umfangreichen Ausstattung gehörte auch ein geländegängiges Krad.

In den Flüchtlingslagern bereiten Frauen in großen Töpfen und Schüsseln die Nahrung für die geflüchteten Menschen zu

Ein Wassertanker an der Abladestelle Adra-Lake

Eine Abladestelle von Trinkwasser auf der täglichen Route der Tankfahrzeuge: das Lager Himbi. Dort betreuten drei deutsche Ordensschwestern rund  30.000 Geflüchtete

Lokale Kräfte, wie hier im Waisenkinderlager Buhimba, wurden vom THW eingestellt und ausgebildet, damit sie selbständig die Wasseraufbereitung   durchführen können.

Vor 50 Jahren – Brückenbau-Einsatz des THW in Tunesien

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Zerstörte Infrastruktur nach Unwettern.

Überaus starke Niederschläge im September und Oktober 1969 hatten für das regenarme Tunesien unvorhergesehene und verheerende Wirkung. Hochwasser führende Bäche und Flüsse überspülten Häuser und Straßen, rissen Brücken fort und zerstörten Stromtrassen und Eisenbahnlinien.

Die Zahl der Toten lag bei über 300, rund 100.000 Menschen waren betroffen. 32 bedeutende Straßenbrücken und 12 Eisenbahnbrücken wurden unbenutzbar.

Hilfe durch die Bundesrepublik Deutschland

Neben anderen Ländern beteiligte sich auch Deutschland an Unterstützung und Wiederaufbau in Tunesien. Neben 10 Mio. Mark Sofort-Hilfe erging ein Auftrag des deutschen Außenministeriums ans THW sechs Straßenbrücken wiederherzustellen.

THW-Helfer bei der Vormontage von Brückenteilen

Nach der Lösung verschiedener logistischer Probleme, wurden Bailey-Brückenbauausstattung, sieben THW-LKW, unterschiedliche Geräte und Werkzeuge mit zwei Frachtern auf dem Seeweg von Bremen nach Tunis transportiert. Fragen warfen unter anderem die Verzollung und der Materialtransport vor Ort auf.

Der Abflug des 67-köpfigen THW-Teams vom Flughafen Köln-Bonn erfolgte am 29. Dezember 1969. Die Einsatzleitung hatte die THW-Leitung dem Landesbeauftragten für Niedersachsen, Dipl.-Ing. Rolf Schneider, übertragen. Das Team selbst setzte sich aus Helfern aus den Landesverbänden Baden-Württemberg, Niedersachsen, dem Saarland und Schleswig-Holstein zusammen.

Das Einsatzteam des THW wurde von 15 tunesischen Fachleuten begleitet, die von den THW-Helfern in den Aufbau und die Systematik der Bailey-Brücken eingewiesen wurden.

Bau einer Bailey-Brücke über den Qued Kebir

Der Einsatzraum des THW lag rund zwei bis drei Autostunden südwestlich von Tunis, zwischen Kairouan, Le Kef und Pont du Fahs.

Sechs Einsatzorte in Tunesien

Vor Ort mussten die Helfer zunächst lernen mit den arabischen Gepflogenheiten und den allgemeinen Problemen in Tunesien vertraut zu werden.

Im Einsatzraum Le Kef stand man vor dem Problem, dass lediglich der örtliche Gendarmerie-Kommandant französisch sprach. Telefone gab es nur im Landratsamt, dem Krankenhaus, der Polizeistation und dem Posten der Nationalgarde. Jedoch funktionierten diese allesamt auch nur zeitweise.

fast fertige Bailey-Brücke über den Qued Amir

Auch der Materialtransport lief nicht immer reibungslos. Einem der vor Ort angeworbenen, tunesischen Fahrer erschien die Beladung seines Tiefladers durch die THW-Helfer zu unsicher und zu hoch. Nach langen Diskussionen erklärte er sich bereit zu fahren, doch bis dahin hatte sich einer der Reifen des LKW verabschiedet und musste händisch gewechselt werden. Letzten Endes hatte sich der Abmarsch des Konvoi um sieben Stunden verzögert.

Insgesamt war die tunesische Bevölkerung jedoch dankbar für die Hilfe aus Deutschland. In Ponts du Fahs beispielsweise veranstaltete der Gouverneur ein Festessen nach dem die Brücke fertiggestellt war.

Tunesier im Umgang mit dem Greifzug unter Anleitung eines THW-Helfers

Mit einem Hanomag MLW wird die Belastungsprobe an einer Brücke durchgeführt

Rückkehr nach Deutschland

Der Einsatz des THW endete am 04. Februar 1970, die Rückkehr der Helfer nach Deutschland erfolgte am 06. Februar 1970. Das Team landete auf dem Flughafen Köln-Bonn und wurde dort vom parlamentarischen Staatssekretär des BMI empfange.

Am Abend des 06. Februar 1970 lobte der Präsident des BzB, Dr. Kolb, den Einsatz der THW-Helfer. Besonders herauszuheben war dieser Einsatz nicht nur, weil es sich um den bis dahin größten Auslandseinsatz handelte, sondern auch da es der erste große Einsatz des THW außerhalb Europas war.

Die Rückkehr der Fahrzeuge und Ausstattung erfolgte auf dem Landweg über Marseilles nach Saarbrücken. Hieran waren nochmals 20 Helfer beteiligt. Die Bailey-Brücken wurden in Tunesien belassen. Sie wurden dem tunesischen Staat von der Bundesrepublik Deutschland geschenkt.

Simon Herzog: Sturmflut in Ost-Pakistan 1970

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Am 13. November 1970, ausgerechnet einem „Freitag dem 13.“, ereignete sich an der Küste Ost-Pakistans (heutiges Bangladesh) in Folge eines Zyklons eine Sturmflut mit bis dahin unbekanntem Ausmaß. Heute würde man von einem Tsunami sprechen. Weite Landstriche im Mündungsbereich der Flüsse Ganges und Brahmaputra wurden überflutet. Man ging in damaligen Schätzungen von 200.000 Toten aus, dies wurde zwischenzeitlich auf rund 500.000 nach oben korrigiert.

Bereits am folgenden Montag, dem 16. November, ergingen erste Aufträge aus dem Krisenstab des Bundesinnenministeriums über das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz an die THW-Landesverbände Niedersachsen und Hessen. Marschbereitschaft wurde hergestellt, Helfer und Ausstattung ins THW-Gerätelager Mehlem bei Bonn transportiert. Dann, am 18. November, vorerst Ernüchterung: Die Regierung Pakistans reagierte ablehnend auf internationale Hilfsangebote, die Helfer wurden in ihre Heimat zurückgeschickt.

Helferinnen und Helfer des Malteser Hilfsdienstes und THW auf dem
Weg ins Katastrophengebiet – Bild: THW-Leitung

Ein Wandel in der Einstellung der pakistanischen Regierung stellte sich erst eine Woche nach der Katastrophe ein. So kam es, dass die ersten 19 THW-Helfer am 23. November ins Katastrophengebiet geflogen wurden. Mit dabei ein VW-Kombi mit Funkgerät und zwei VW Transporter des Landes Niedersachsen, in denen Trinkwasseraufbereitungsanlagen montiert waren. Tags darauf wurden mit einer weiteren Maschine Sanitäts- und Zeltausstattung gemeinsam mit einer Gruppe von Ärzten und Schwestern des Malteser Hilfsdienstes, unter Begleitung eines THW-Helfers, ausgeflogen.

Das von THW und MHD gemeinsam errichtete Feldlazarett auf der
Insel Hatia. Bild: THW-Leitung

Einen Tag später erreichte die erste Maschine die ost-pakistanische Hauptstadt Dacca, von wo Mannschaft und Ausstattung am 25. November weiter nach Chittagong an den Rand des Einsatzgebietes gebracht wurden. Die Transportflüge vor Ort übernahmen Transall-Flugzeuge und Hubschrauber der Bundesluftwaffe, die mit Besatzung dorthin verlegt worden waren.

In Chittagong bereiteten der THW-Mannschaft schlechte Absprachen zwischen deutschem Konsulat und den pakistanischen Regierungsbevollmächtigten Schwierigkeiten. So wurde eine der beiden TWA in den Norden des Schadensgebietes entsandt, musste auf halber Strecke aber wieder umkehren. Ein zeitraubendes Unterfangen aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse.
Am 27.11. wurde dann eine der TWA auf dem Flugplatz in Chittagong in Betrieb genommen. Die Verteilung des Trinkwassers auf den umliegenden, kleinen Inseln übernahmen Hubschrauber der Bundesluftwaffe. In Folge erreichten weitere Transall-Maschinen mit Kräften und Ausstattung des Malteser Hilfsdienstes (MHD) den Flugplatz Chittagong, das Entladen übernahmen die Helfer des THW. Gemeinsam mit dem MHD wurde mit der Ausstattung ab dem 28.11. ein Feldlazarett auf der Insel Hatia errichtet. Insgesamt wurden bis zum 30. November vier Hospitalzelte aufgebaut. Die Inbetriebnahme erfolgte am 1. Dezember. Das THW übernahm handwerkliche Aufgaben, wie den Bau der Latrinen und Sitzgelegenheiten, die Installation elektrischen Lichts, aber auch die Durchführung des Sprechfunkverkehrs. Außerdem wurde weiter Trinkwasser aufbereitet.

Am 6. Dezember entschied die Bundesregierung das Lazarett auf Dauer in Pakistan zu belassen. Für die THW-Helfer bedeutete dies, dass örtliche Handwerker und Techniker in den Betrieb unterwiesen werden mussten.

Ab dem 10. Dezember 1970 begann die Bundesluftwaffe mit dem Transport der ersten Ausstattung und Hubschrauber nach Deutschland. Für das THW begann ebenfalls die Planung der Personal- und Materialrückführung. Die Übergabe des Lazarettes und der zugehörigen Ausrüstung wurde für den 14. Dezember 1970 vereinbart. Am 15.12. flog das THW-Team mit den verbliebenen Bundeswehr-Hubschraubern zurück nach Chittagong.

Nach fast vier Wochen Einsatz erreichten die THW-Helfer am 20. Dezember 1970 Köln-Wahn und damit heimatlichen Boden.

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